Zellen bilden die Grundeinheit allen Lebens – auch in unserem Körper. Die Spanne reicht von den kleinsten, hochmobilen Blutzellen bis zu den millionenfach größeren Muskelfasern in unserm Oberschenkel. Doch wie viele Zellen besitzen wir? Und wie hängen Zellgröße und -zahl für die verschiedenen Zelltypen zusammen? Das hat nun ein Forschungsteam ermittelt. Demnach besteht ein durchschnittlicher Mann mit rund 70 Kilogramm Körpergewicht aus etwa 36 Billionen Zellen, eine Frau mit 60 Kilogramm aus rund 28 Billionen Zellen und ein zehnjähriges Kind aus rund 17 Billionen Zellen. Den größten Anteil an der Zellzahl haben die Blutzellen, den größten Massenanteil die Skelettmuskelzellen und Fettzellen. Je größer die Zellgröße, desto geringer ist dabei ihre Zahl, wie das Team ermittelte.
Ob einzelliges Bakterium, Qualle oder Elefant: Sie alle sind aus Zellen aufgebaut, den Grundeinheiten des Lebens. Jede Zelle enthält das Erbmaterial DNA und die Zellmaschinerie, um ihren Zellstoffwechsel zu bestreiten und sich durch Zellteilung zu vermehren. In mehrzelligen Organismen wie uns Menschen sind die Zellen zudem je nach Gewebe und Funktion auf unterschiedliche Weise spezialisiert – die Spanne reicht von den stark vernetzten Nervenzellen unseres Gehirns über die hochmobilen Zellen unseres Blutes und Immunsystems bis zu den „Schwerstarbeitern“ unserer Muskelfasern. Jeder Zelltyp hat dabei seine spezifische Form und sein festes Größenspektrum. „Aber trotz dieser Einheitlichkeit innerhalb eines Zelltyps variieren die Zellgrößen im menschlichen Körper über gewaltige sieben Größenordnungen. Das ist vergleichbar zur Massenspanne einer Spitzmaus zum Blauwal“, erklären Ian Hatton vom Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften in Leipzig und seine Kollegen. Doch wie viele Zellen es im menschlichen Körper gibt und wie sich dabei Zellgröße, Zellzahl und Massenanteil verhalten, war bisher nur in Ansätzen geklärt.
Blutzellen haben die größte Zahl, Muskelzellen die meiste Masse
Hatton und sein Team haben deshalb Daten zu mehr als 400 Zelltypen in rund 60 verschiedenen Geweben und Organen des Menschen zusammengetragen und ausgewertet. Für diese insgesamt 1264 Zellgruppen ermittelten sie auf Basis von Mikroskopie- und Gewebestudien, welche Größe sie haben, wie viele es davon im menschlichen Körper gibt und welchen Anteil an unserer Gesamtmasse sie haben. Diese Analysen führten sie dabei exemplarisch für einen Mann von rund 70 Kilogramm Körpergewicht, eine Frau von rund 60 Kilogramm und ein zehnjähriges Kind von rund 32 Kilogramm Gewicht durch. „Für mehrere Gewebearten liefert unsere neue Analyse eine weit größere Auflösung als zuvor verfügbar war, darunter auch für die Muskelfasergröße aller quergestreiften Muskelgruppen, die Neuronen und Gliazellen des zentralen und peripheren Nervensystems und die in verschiedenen Geweben vorkommenden Blutzellen“, erklären die Forschenden.
Die Auswertungen ergaben für die Gesamtzahl der Zellen einen klaren Zusammenhang zwischen Körpergröße und -gewicht mit der Zellzahl: Ein rund 70 Kilogramm schwerer Mann besteht demnach aus rund 36 Billionen Zellen, eine um zehn Kilo leichtere Frau aus 28 Billionen Einzelzellen. Für das zehnjährige Kind ermittelten Hatton und sein Team eine durchschnittliche Zellzahl von rund 17 Billionen. Die in unserem Körper vorkommenden Bakterien und anderen „Mitbewohner“ sind dabei nicht mit eingerechnet. Die mit Abstand häufigsten Zellen sind den Analysen zufolge die Roten Blutkörperchen und Blutplättchen mit rund 29 Billionen beim erwachsenen Mann, gefolgt von Weißen Blutkörperchen mit 3,4 Billionen. Betrachtet man dagegen den Anteil der verschiedenen Zelltypen an der gesamten Biomasse unseres Körpers, liegen die Skelettmuskelzellen mit großem Abstand vorne: Sie machen bei einem 70 Kilogramm wiegenden Mann allein schon 21,5 Kilogramm aus. Als Nächstes folgen die Fettzellen mit rund 13 Kilogramm. Bei einer 60 Kilogramm wiegenden Frau machen die Muskelzellen rund 14 Kilogramm aus, die Fettzellen etwa 18 Kilogramm, wie die Wissenschaftler ermittelten.
Logarithmischer Zusammenhang von Größe und Zahl
„Die Daten enthüllen dabei eine überraschende, inverse Beziehung zwischen Zellzahl und Zellgröße“, berichten Statton und seine Kollegen. Je größer eine Zelle ist, desto weniger oft kommt sie im menschlichen Körper vor. Konkret ermittelten die Forschenden, dass die Gesamtzahl der Zellen in jeder der 26 logarithmischen Größenklassen gegenüber der nächsten um den Faktor x<sup>-0,97</sup> abnimmt. Zahl und Menge der Zellen im menschlichen Körper sind dadurch so austariert, dass jede Größenklasse etwa gleichviel zu Gesamtmasse beiträgt. „Diese Größenverteilung scheint in der Natur gängig zu sein“, erklärt das Team. So zeigt beispielsweise die Verteilung der Organismen in den Ozeanen eine ganz ähnliche Beziehung zwischen Zahl und Größen: Obwohl zwischen Meeresbakterien und Blauwalen Welten in Bezug auf ihre Größe liegen, tragen ihre jeweiligen Größenklassen etwa gleich viel zur Biomasse in den Meeren bei. Die Auswertungen von Hatton und seinen Kollegen ergaben zudem, dass die Variationsbreite der Zellgrößen innerhalb jeder Größenklasse etwa gleich hoch ist.
Nach Ansicht des Forschungsteams legen diese Ergebnisse nahe, dass es im menschlichen Körper eine fein regulierte Balance in Bezug auf Zellzahlen und -größen gibt. Das Wissen um dieses Gleichgewicht und die typischen Werte kann wiederum dabei helfen, Anomalien und krankhafte Veränderungen zu erkennen. „Unsere Daten dienen dazu, einen ganzheitlichen Referenzrahmen für die Zellen im menschlichen Körper zu etablieren, und unterstreichen gleichzeitig übergreifende Muster der Zellbiologie“, so Hatton und sein Team.
Quelle: Ian Hatton (Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften, Leipzig) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2303077120
© wissenschaft.de - Nadja Podbregar
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Zellzahl des Menschen bestimmt - wissenschaft.de
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