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Saturday, May 29, 2021

Potenzielle Biowaffe: Hasenpest-Erreger können monatelang ohne Wirt überleben - Heilpraxisnet.de

Rätsel um Tularämie-Übertragung gelüftet

Bakterien vom Typ Francisella tularensis gehören zu den infektiösesten pathogenen Bakterien, die in der Wissenschaft bekannt sind. Die Bakterien verursachen die meldepflichtige Zoonose Tularämie, die vor allem Nagetiere wie Hasen befällt, weshalb die Krankheit auch als Hasenpest bezeichnet wird. Springt sie auf den Menschen über, kann Tularämie lebensgefährlich sein. Ein Forschungsteam konnte nun ein lange bestehendes Rätsel bei der Übertragung der Krankheit klären.

Forschende der Northern Arizona University klärten ein Mysterium bezüglich der Übertragung von Tularämie. Die Entdeckung liefert eine plausible Erklärung dafür, wie es Francisella tularensis gelingt, über längere Zeit in der Umwelt außerhalb eines Wirtes zu überleben. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Applied and Environmental Microbiology“ präsentiert.

Francisella tularensis: eine potenzielle Biowaffe?

Aufgrund der extremen Infektiosität des Bakteriums und der hohen Sterberate beim amerikanischen Subtyp wird Francisella tularensis als ernsthafte potenzielle bioterroristische Bedrohung angesehen. Das Forschungsteam schätzt, dass zehn Organismen ausreichen, um einen Menschen zu infizieren. Ein besseres Verständnis des Lebenszyklus sowie des Verhaltens des Bakteriums habe deshalb eine hohe Priorität.

Rätselhafter Lebenszyklus von Francisella tularensis

Bei der Übertragung des Bakteriums gab es jedoch einige Wissenslücken. So kann Francisella tularensis beispielsweise nicht durch menschlichen Kontakt verbreitet werden. Es kann aber durch direkten oder indirekten Kontakt mit infizierten Tieren auf den Menschen übergehen. Darüber hinaus können die Bakterien auch längere Zeit außerhalb des Wirtes in einem Ruhezustand überleben. Die Forschenden konnten nun mehr über den Lebenszyklus des gefährlichen Bakteriums in Erfahrung bringen.

Bakterien im Winterschlaf

Wie die Arbeitsgruppe zeigt, können die Hasenpest-Erreger außerhalb von Wirten überleben, indem sie in eine Art Winterschlaf verfallen. In diesem Zustand bleiben sie lebensfähig, können sich aber nicht vermehren. Dieses Phänomen blieb bis heute weitgehend ein Rätsel, obwohl sich die Forschung schon seit mehr als 100 Jahren mit dem Bakterium beschäftigt.

Tularämie-Erreger überleben über sechs Monate ohne Wirt

Im Rahmen eines dreijährigen Projektes analysierten die Forschenden nun den Lebenszyklus und das Verhalten des Erregers. „Die wichtigste Erkenntnis ist, dass Francisella tularensis in kaltem Wasser ohne Nährstoffe mehr als sechs Monate in einem ruhenden Zustand überdauern kann“, betont Forschungsleiter Professor David Wagner. Das bedeute, dass das Bakterium die Fähigkeit hat, direkt in der Umwelt außerhalb eines Säugetierwirts zu überleben. Dies sei unerwartet, da viele andere Bakterien, die so lange in der Umwelt überleben können, Sporen bilden. Ein Beispiel für sporenbildende Bakterien sei das Milzbrand verursachte Bacillus anthracis.

Keine Ähnlichkeit zur Pest

Obwohl die Krankheit als Hasenpest bezeichnet wird, hat das Bakterium keine Ähnlichkeit mit dem Pest-verusachenden Erreger Yersinia pestis. Dieses überlebe nur in einem Wirt oder in Flohvektoren. Francisella tularensis besitze dagegen die Fähigkeit, langfristig außerhalb eines Wirts in der Umwelt zu überleben und infektiös zu bleiben, ohne dabei Sporen zu bilden oder auf einen Vektor zurückgreifen zu müssen.

Überlebensstrategie von Francisella tularensis

„Diese Studienergebnisse haben unsere Sichtweise auf die Ökologie dieses Bakteriums völlig verändert“, unterstreicht Wagner. Säugetiere seien nur ein kleiner, aber dennoch wichtiger Aspekt der Überlebensstrategie des Bakteriums. Der Erreger überlebe in der Umwelt und sorge so für periodisch auftretende Erkrankungen. Die Säugetiere als Wirte seien in erster Linie wichtig für die Vermehrung des Bakteriums.

Wie überträgt sich Tularämie?

Laut dem Forschungsteam kann sich eine Tularämie nicht von Mensch zu Mensch übertragen. Eine Infektion kann erfolgen durch

  • Insektenstiche,
  • das Trinken von kontaminiertem Wasser,
  • den Kontakt mit infizierten Tieren,
  • das Einatmen von bakterienhaltigen Partikeln in der Luft.

Wie wird Tularämie behandelt?

Die Krankheit wird mit Antibiotika behandelt. Vorliegende Resistenzen werden derzeit untersucht. Eine Impfstoff gegen Tularämie gibt es bislang nicht.

Wie häufig kommt es zu Tularämie bei Menschen?

Die Forschenden berichten, dass Francisella tularensis natürlich in der gesamten nördlichen Hemisphäre vorkommt. In Europa ist allerdings nur der weniger gefährliche Subtyp holarctica verbreitet. Die Zahl der gemeldeten Fälle bei Menschen ist insgesamt gering. Im Jahr 2016 wurden beispielsweise 230 Tularämie-Fälle in den USA gemeldet. Laut Robert Koch-Institut kommt es in Europa jährlich zu 500 bis 1.000 Fällen. Betroffen seien häufig Personen, die sich viel in der freien Natur aufhalten. (vb)

Autoren- und Quelleninformationen

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.

Autor:

Diplom-Redakteur (FH) Volker Blasek

Quellen:

  • Igor Golovliov, Stina Bäckman, Malin Granberg, et al.: Long-Term Survival of Virulent Tularemia Pathogens outside a Host in Conditions That Mimic Natural Aquatic Environments; in: Applied and Environmental Microbiology, 2021, aem.asm.org
  • Northern Arizona University: Bacterium causing rabbit fever remains virulent for months in cold water (veröffentlicht: 27.05.2021), eurekalert.org
  • Robert Koch-Institut: RKI-Ratgeber Tularämie (Stand: 23.02.2016), rki.de

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

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