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Thursday, June 3, 2021

COVID-19 kann Spätfolgen für die Nieren haben - Heilpraxisnet.de

Nach COVID-19: Ärzte raten zur Nachuntersuchung der Nieren

Dass die Nierenwerte ein Indikator für die Schwere eines COVID-19-Verlaufes sind, wurde schon früh in der Pandemie erkannt. In der S3-Leitlinie zur stationären COVID-19-Therapie wird zu einer Bestimmung der Urin- und Nierenwerte in der Notaufnahme geraten. Die Nieren sind deshalb ein Indikator für den COVID-19-Verlauf, da das Coronavirus SARS-CoV-2 molekulare Gewebeveränderungen in den Nieren verursachen kann. Ein deutsches Ärzteteam warnt, dass dadurch langfristige Nierenschäden drohen können.

Forschende der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DgfN) äußern die Besorgnis, dass die durch das Coronavirus verursachten molekularen Gewebeveränderungen an den Nieren zu langfristigen Nierenschäden führen könnten – und zwar nicht nur bei den Betroffenen, die während COVID-19 ein akutes Nierenversagen erlitten, sondern bei allen COVID-19-Erkrankten, bei denen es während der Akuterkrankung zu Nierenwertentgleisungen kam. Da solche Entgleisungen nicht immer erkannt wurden, raten die DgfN-Medizinerinnen und Mediziner zu einer nephrologischen Nachuntersuchung.

Nierenwerte sagen COVID-19-Verlauf voraus

Wie die Ärztinnen und Ärzte mitteilen, werden die Nieren bereits früh im Verlauf von COVID-19 in Mitleidenschaft gezogen. Eine mit COVID-19-assoziierte Nierenentzündung (Nephritis) gilt als frühes Warnsignal für schwere Verläufe. Eine Studie der Klinik für Nephrologie und Rheumatologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) zeigte an 223 Teilnehmenden, dass ein Urin-Teststreifen bereits auf schwere COVID-19-Verläufe hinweisen kann. „Die Nierenwerte sind somit ein Seismograf für den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung“, betont Studienleiter Professor Oliver Gross.

In der S3-Leitlinie zur stationären Behandlung von COVID-19 wird deshalb empfohlen, dass „bei nachgewiesener COVID-19-Infektion und Notwendigkeit einer Hospitalisierung eine Urinuntersuchung (gegebenenfalls wiederholt) mit Bestimmung von Albuminurie, Hämaturie und Leukozyturie erfolgen sollte.“

Erhöhtes Sterberisiko bei Nierenbeteiligung

Eine geschädigte Niere ist jedoch nicht nur ein prognostischer Marker für den Erkrankungsverlauf, sondern auch ein Risikofaktor für einen tödlichen Ausgang, wie bereits mehrere Studien bestätigten. Frühe Anzeichen für ein erhöhtes Sterberisiko seien beispielsweise Eiweißverlust im Urin, Eiweißreduktion im Blut sowie der Verlust von Antithrombin III, einer der wichtigsten natürlichen Hemmstoffe der Blutgerinnung.

Welche Langzeitfolgen kann ein Nierenversagen haben?

Aus der Datenlage zum akuten Nierenversagen (AKI) geht hervor, dass sich die Nierenfunktion nach sieben Tagen erholt. Abzugrenzen hiervon ist nach Angaben der Ärztinnen und Ärzte die AKD („acute kidney disease“), bei der die Erholung der Nierenfunktion bis zu 90 Tage dauern kann. Bei einigen Betroffenen erholt sich die Nierenfunktion gar nicht mehr und eine chronische Nierenerkrankung bleibt zurück.

Aus einer früheren Studie ging bereits hervor, dass sich bei insgesamt 41,2 Prozent aller Betroffenen, die ein Nierenversagen in den Stadien 2 und 3 erlitten, keine Erholung der Nierenfunktion einstellte. Zudem erlitten 14,7 Prozent der untersuchten Personen einen Rückfall, nachdem sie sich bereits erholt hatten.

Nierenschäden nach COVID-19

Die bislang vorliegenden Daten deuten an, dass sich diese Warnsignale auch auf den chronischen Nierenschaden übertragen lassen, der durch COVID-19 verursacht wird. „Wir können also sagen, dass gut die Hälfte der Patientinnen und Patienten, die ein AKI erleiden, im Nachgang chronisch nierenkrank werden“, folgert Professor Gross. Diese Rate sei auch nach einem COVID-19-assoziierten AKI zu erwarten.

„Es ist wichtig, die Betroffenen in eine nephrologische Nachsorge zu bringen, damit durch eine adäquate Therapie der Nierenfunktionsverlust verlangsamt bzw. nach Möglichkeit aufgehalten wird“, unterstreicht der Nieren-Experte.

„Es laufen gerade Studien, deren Ergebnisse noch ausstehen, aber es wurden bereits molekulare SARS-CoV-2-assoziierte Gewebeveränderungen in verschiedenen Organen, in denen eine Virusreplikation nachgewiesen wurde, festgestellt“, warnt Gross. Insofern sei mit langfristigen Schädigungen der betroffenen Organe nach COVID-19 zu rechnen.

Fazit der Expertinnen und Experten

„Die Niere muss in der COVID-19-Nachsorge neben den Lungen, Herz und dem Nervensystem im Zentrum stehen“, resümieren die Göttinger Nierenfachleute. Das sei umso wichtiger, da durch eine frühzeitige Behandlung der Nierenfunktionsverlust aufgehalten werden kann, gerade in den letzten Jahren seien dafür neue, effektive Therapien auf den Markt gekommen, wie beispielsweise die SGLT-2-Inhibitoren.

Regelmäßig Nierenwerte überprüfen lassen

Eine Dialysepflichtigkeit könne heutzutage sehr oft über Jahre, sogar Jahrzehnte hinausgezögert werden, wenn von Anfang an konsequent behandelt wird. „Da Nierenerkrankungen erst sehr spät zu Symptomen führen, möchten wir Menschen, die eine COVID-19-Erkrankung durchgemacht haben, für die Möglichkeit von Langzeitfolgen auf die Nieren sensibilisieren“, geben die Forschenden zu bedenken. Es sei auch wichtig, dass der Hausarzt, beziehungsweise die Hausärztin in regelmäßigen Abständen die Nierenwerte überprüft, insbesondere nach einer Coronavirus-Infektion oder bei anderen Risikogruppen, die beispielsweise unter Bluthochdruck oder Diabetes leiden. (vb)

Autoren- und Quelleninformationen

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.

Autor:

Diplom-Redakteur (FH) Volker Blasek

Quellen:

  • Gross O, Moerer O, Weber M et al. COVID-19-associated nephritis: early warning for disease severity and complications? in: Lancet, 2020, thelancet.com
  • Kluge S, Janssens U, Welte T et al. S3-Leitlinie - Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19. (Stand: 17.05.2021), awmf.org
  • Li Z, Wu M, Guo J et al. Caution on Kidney Dysfunctions of 2019-nCoV Patients; in: medRxiv, 2020 (preprint), medrxiv.org
  • Cheng Y, Luo R, Wang K, et al. Kidney impairment is associated with in-hospital death of COVID-19 patients; in: medRxiv, 2020 (preprint), medrxiv.org
  • Pei G, Zhang Z, Peng J et al. Renal Involvement and Early Prognosis in Patients with COVID-19 Pneumonia; in: JASN, 2020 , jasn.asnjournals.org
  • Kellum JA, Sileanu FE, Bihorac A et al. Recovery after Acute Kidney Injury. Am J Respir Crit Care Med 2017; 195 (6): 784-791, atsjournals.org
  • Huang C, Huang L, Wang Y, et al. 6-month consequences of COVID-19 in patients discharged from hospital: a cohort study; in: Lancet, 2021, thelancet.com
  • Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN): COVID-19: Spätfolgen für die Nieren sind erwartbar (veröffentlicht: 02.06.2021), idw-online.de

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

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