Hat man COVID-19 überstanden, kommt es oft noch zu Langzeitfolgen. Woran das liegen könnte, haben Forscher aus Erlangen untersucht. Offenbar verändern sich die Blutkörperchen während der Erkrankung.
Viele ehemalige COVID-19-Patienten leiden nach der Infektion unter heftigen Langzeitfolgen, an Long-COVID. Zu den Symptomen gehören vor allem Müdigkeit, Abgeschlagenheit sowie Kopfschmerzen und Atemnot. Die Beschwerden können wochenlang anhalten, in einigen Fällen ziehen sie sich sogar über Monate. Auch scheinbar Genesene sind also keineswegs wirklich gesund.
COVID-19 wirkt sich oft auf die Blutzirkulation aus. Es kommt zu Thrombosen, also Gefäßverschlüssen. Darüber hinaus kann es sein, dass der Transport von Sauerstoff im Blut nicht hundertprozentig funktioniert. Dabei haben Blutkörperchen offenbar einen großen Einfluss auf Long-COVID.
Forscher vom Max-Planck-Zentrum in Erlangenhaben in einer Studie eine neue Hypothese aufgestellt. Demnach haben sich bei COVID-19-Patienten die Blutkörperchen verändert. Das betrifft sowohl die Steifigkeit als auch die Größe von roten und weißen Blutkörperchen. Blutzellen und ihren physikalischen Eigenschaften kommt also eine Schlüsselrolle zu. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin "Biophysical Journal" veröffentlicht..
Atemnot ist ein Symptom bei Post-Covid
Corona-Infizierte haben veränderte Blutkörperchen
Um zu ihrem Ergebnis zu kommen, hatte das Team aus Erlangen Blutkörperchen von an COVID-Erkrankten, von Genesenen und von Gesunden untersucht. 17 Personen waren akut an COVID-19 erkrankt, 14 genesen und weitere 24 in der Vergleichsgruppe waren gesund. Insgesamt waren 400 Millionen Blutkörperchen untersucht worden.
"Dabei haben wir deutliche und langanhaltende Veränderungen der Zellen messen können – sowohl während einer akuten Infektion und auch noch danach", erklärte Jochen Guck in einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts Erlangen, dessen geschäftsführender Direktor er ist.
Thrombosen gehören zu den Langzeitfolgen von COVID-19
Ein hochkomplexes Verfahren
Das Verfahren, mit dem die Studie durchgeführt wurde, hatten die Forschenden selbst entwickelt. Es nennt sich "Echtzeit-Verformungszytometrie" (real-time deformability cytometry, RT-DC). Bei dieser Methode werden Blutzellen durch einen engen Kanal geschickt. Dabei werden die weißen Blutkörperchen, die Leukozyten, und die roten Blutkörperchen, die Erythrozyten, gestreckt.
Durch ein spezielles Mikroskop fotografiert eine Hochgeschwindigkeitskamera jedes einzelne Blutkörperchen. Eine entsprechende Software analysiert dann Größe und Grad der jeweiligen Verformung. Pro Sekunde kann die Software den Zustand von bis 1000 Blutkörperchen ermitteln.
Frühwarnsystem für Pandemien?
Bei den Erkrankten schwankten Größe und Verformbarkeit wesentlich stärker als bei den getesteten, gesunden Personen. Das deutet darauf hin, dass die Zellen bei den Erkrankten geschädigt sind. Bei gesunden Menschen sind die Blutkörperchen elastisch und passen selbst durch allerfeinste Äderchen hindurch.
Weiße und rote Blutkörperchen verändern sich bei COVID-19
Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) haben die Gestalt bikonkaver Scheiben. Weil ihnen der Zellkern fehlt, können sie sich verformen und auch Blutkapillaren passieren, deren Durchmesser nur halb so groß ist wie ihr eigener. So dringen sie in die entlegendsten Winkel des Körpers vor und versorgen ihn mit Nährstoffen und Sauerstoff.
Die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) sind ebenfalls relativ klein und dank ihrer vielen Fortsätze an der Zelloberfläche gut beweglich. Sie spielen eine zentrale Rolle in der Immunabwehr.
Die Blutkörperchen von Long-COVID-Patienten hingegen sind kugelförmig und können die Adern verstopfen, dies kann zu Thrombosen und Embolien führen.
Die Forscher hoffen, das neue Analyseverfahren in Zukunft auch für eine schnellere, sichere Diagnose einsetzen zu können. So könnte im besten Fall ein Frühwarnsystem für künftige Pandemien entdeckt worden sein, die dann auf bisher noch unbekannte Viren zurückzuführen sind.
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Autorin/Autor: Brigitte Osterath
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