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Monday, September 6, 2021

Mehr Darmkrebs bei häufiger Antibiotika-Gabe - WELT

Antibiotika sind in der Medizin ein Segen und retten täglich Leben. Sie haben allerdings auch Schattenseiten, denn die Wirkstoffe können potenziell auch nützliche Bakterien abtöten. Die häufige Einnahme von Antibiotika kann daher das Risiko für Darmkrebs leicht erhöhen, so hat es ein Team um Sophia Harlid von der schwedischen Universität Umeå herausgefunden. Veröffentlicht wurde die umfangreiche Studie im „Journal of the National Cancer Institute“. Eine häufige Antibiotika-Einnahme erhöhte demnach die Wahrscheinlichkeit, an Dickdarmkrebs zu erkranken, um 17 Prozent.

Darmkrebs zählt in Deutschland zu den drei häufigsten Krebsarten: Pro Jahr wird die Krankheit bundesweit bei rund 60 000 Menschen neu diagnostiziert. Dickdarmkrebs ist die die weitaus häufigste Form.

Die schwedischen Forschenden erklären ihr Resultat damit, dass Antibiotika im Darm das Mikrobiom – also die Gemeinschaft der Mikroorganismen – verändern. Eine gesunde Darmschleimhaut wird von vielen verschiedenen Bakterienstämmen besiedelt.

Illustration of bacteria in the intestine.
Der Darm wird von vielen nützlichen Bakterien besiedelt.
Quelle: Getty Images/Science Photo Libra

Diese sogenannte Darmflora spielt eine wichtige Rolle für das Immunsystem. Antibiotika können die Darmflora schädigen. Das kann zu Durchfallerkrankungen oder Entzündungen führen – und, wie die Studie zeigt, auch das Darmkrebs-Risiko erhöhen.

Der deutsche Experte Andreas Stallmach von der Uniklinik Jena betont, Antibiotika sollten verantwortungsvoll eingesetzt werden. „Es gibt Menschen, bei denen nach einer Antibiotika-Einnahme eine Art Narbe im Mikrobiom bleibt“, erläutert Stallmach, der nicht an der Studie beteiligt war. Warum das bei manchen Menschen passiert und bei anderen nicht, sei Gegenstand aktueller Forschung, sagt der Direktor der Klinik für Gastroenterologie.

Stallmach zeigte sich beeindruckt über die Größe der Studie. Darin verglichen die Forschenden über 40 000 Darmkrebs-Patienten mit mehr als 200 000 Menschen ohne die Erkrankung. Die Informationen, die aus großen Datenbanken stammen, geben auch an, wer in den Jahren 2005 bis 2016 Antibiotika genommen hatte.

Langfristige Antibiotika besonders gefährlich

Vor allem eine antibiotische Therapie für mehr als sechs Monate steigerte das Risiko, einen Tumor in den oberen Abschnitten des Dickdarms zu bekommen. Dort leben die meisten Bakterien, die von Antibiotika abgetötet werden. Doch nicht jedes Antibiotikum scheint den gleichen Effekt zu haben: Wirkstoffklassen wie Chinolone erhöhten der Analyse zufolge das Risiko besonders stark.

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Im Rektum, dem letzten Teil des Dickdarms, zeigte sich ein umgekehrter Effekt: Dort waren Frauen, die Antibiotika genommen hatten, seltener von Tumoren betroffen. Eine mögliche Erklärung: Infektionen etwa mit Chlamydien verursachen bei Frauen oft Entzündungen der Darmschleimhaut. Dies kann ebenfalls zur Krebsentstehung beitragen. Eine erfolgreiche Antibiotika-Therapie eliminiere den Erreger, so dass sich die Schleimhaut erholen könne, vermuten die Forschenden.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen die Tatsache, dass es viele Gründe gibt, Antibiotika nicht großzügig zu verschreiben“, erklärt Harlid in einer Mitteilung ihrer Universität. Viele Erkrankungen würden auch ohne antibakterielle Therapie ausheilen.

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Auch Stallmach plädiert für einen rationalen Umgang mit Antibiotika. Trotzdem seien die Medikamente nach wie vor unersetzlich, um bakterielle Infektionen zu behandeln. Muss nun jeder, der Antibiotika eingenommen hat, Sorge vor Darmkrebs haben? „Es gibt absolut keinen Grund zur Beunruhigung, nur weil Sie Antibiotika genommen haben“, betont Harlid.

„Patienten, die über einen längeren Zeitraum Antibiotika einnehmen, sollten auf jeden Fall an der Darmkrebs-Vorsorge teilnehmen“, rät Stallmach. Bei einer regelmäßigen Darmspiegelung können Tumore schon im frühen Stadium entdeckt und entfernt werden. Die Darmkrebs-Vorsorge wird in Deutschland für Männer ab dem 50. und für Frauen, aufgrund eines generell geringeren Risikos, ab dem 55. Lebensjahr von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

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