Bei Diabetes mellitus Typ-1 greift der Körper die Bauchspeicheldrüse an. Indem er Abwehrstoffe, sogenannte Autoantikörper und autoreaktive Immunzellen bildet, schädigt er bestimmte Zellen der Bauchspeicheldrüse.
Überblick
Die Zerstörung dieser Betazellen verhindert die Produktion des körpereignen Insulins und das wiederum den Transport des Zuckers aus dem Blut in die Zellen. Welche Risikofaktoren bekannt sind und die Entstehung eines Typ-1-Diabetes begünstigen können.
Diabetes Typ-1: Der Kampf des Körpers gegen sich selbst
Die Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus Typ-1 ist eine Autoimmunerkrankung und tritt meist im Kindes- und Jugendalter auf. Die körpereigene Immunabwehr ist fälschlicherweise gegen körpereigene Zellen gerichtet – in dem Fall die Betazellen in der Bauchspeicheldrüse (medizinisch Pankreas) und das von ihnen gebildete Insulin. Betroffene müssen sich daher täglich Insulin zuführen, um die aufgenommene Nahrung verarbeiten und die Blutzuckerwerte senken zu können.
Risikofaktoren für Diabetes Typ-1
Warum der Körper die Betazellen der Bauchspeicheldrüse und das von ihnen gebildete Insulin fälschlicherweise als "feindlich" einstuft und schädigt, ist noch weitestgehend unbekannt. Bekannt sind allerdings bestimmte Risikofaktoren, welche das Auftreten eines Diabetes Typ-1 nach jetzigem Kenntnisstand wahrscheinlicher machen:
- genetische Einflüsse
- bestimmte Risikogene
- Infektionskrankheiten
- Giftstoffe aus der Umwelt
- Geburt per Kaiserschnitt
- eine zu frühe Gabe glutenhaltiger Nahrungsmittel an Kinder
Erbliche Einflüsse von Diabetes mellitus Typ-1
Eine genetische Veranlagung erhöht das Erkrankungsrisiko deutlich. In manchen Familien tritt Typ-1-Diabetes gehäuft auf. Ist die eigene Mutter, der Vater, der Bruder oder die Schwester an Diabetes Typ-1 erkrankt, ist das eigene Erkrankungsrisiko etwa 15-mal höher als ohne familiären Einfluss. Kinder von Vätern mit Typ-1-Diabetes haben ein doppelt so hohes Risiko, die Stoffwechselerkrankung zu bekommen wie Kinder von Müttern mit Diabetes Typ-1. Sind beide Elternteile erkrankt, liegt das eigene Erkrankungsrisiko bei etwa 25 Prozent. Aber: Eine genetische Veranlagung in sich zu tragen, bedeutet nicht automatisch, dass Diabetes Typ-1 in jedem Fall ausbricht.
"Wichtig zu wissen, ist, dass es nicht ein einzelner Faktor ist, der Typ-1-Diabetes verursacht. Es spielen in der Regel mehrere Faktoren zusammen. Die größte Bedeutung kommt der genetischen Veranlagung zu. In Kombination mit bestimmten Umweltfaktoren steigt das Erkrankungsrisiko", erklärt Dr. Martin Scherm, Wissenschaftler am Institut für Diabetesforschung (IDF) des Helmholtz Zentrums München. "Haben sich erst einmal Autoantikörpern gegen bestimmte Antigene der Bauchspeicheldrüse wie etwa Insulin gebildet, ist ein Diabetes unausweichlich. Unklar ist jedoch, wann die Stoffwechselerkrankung auftritt. Das kann bereits einige Monate nach Auftreten der Autoantikörper sein, manchmal aber auch erst viele Jahre später."
(Quelle: Privat)
Dr. rer. nat. Martin Scherm ist Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe Immuntoleranz am Institut für Diabetesforschung (IDF) des Helmholtz Zentrums München. Das IDF befasst sich schwerpunktmäßig mit der Entstehung und Prävention von Typ-1-Diabetes. Das IDF arbeitet daran, die Erkrankung zu verzögern oder sogar zu verhindern.
Risikogene für Diabetes Typ-1
Menschen mit einer familiären Belastung, die zusätzlich ein Risikogen in sich tragen, haben das höchste Risiko an Typ-1-Diabetes zu erkranken. Angaben des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) zufolge ist Diabetes Typ-1 eine polygene Erkrankung. Das heißt: An der Entstehung der "Zuckerkrankheit" sind viele verschiedene Gene beteiligt.
"Es gibt nicht das eine Risikogen. Bislang sind viele krankheitsrelevante Gene bekannt. Mit Hilfe eines Screenings, bei dem Kindern zum Beispiel im Rahmen der jeweiligen Vorsorgeuntersuchung ein kleiner Tropfen Blut abgenommen wird, kann das Risiko für Diabetes Typ-1 bestimmt werden", sagt Scherm. "Sollte in einem solchen Screening festgestellt werden, dass ein Kind ein erhöhtes Krankheitsrisiko oder sogar Inselautoantikörper im Blut hat, kann es von Anfang an optimal betreut und behandelt werden. So können lebensbedrohliche Überzuckerungen verhindert werden, die relativ schnell und ohne Vorwarnung auftreten können. Betroffene Kinder und Eltern werden außerdem ausführlich informiert und beraten. Auch gibt es heute neue Behandlungsversuche, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. An solchen Studien können interessierte Familien teilnehmen."
Immunologische Prozesse von Diabetes Typ-1
Der eigentlichen Entstehung der Erkrankung liegen immunologische Prozesse zugrunde. Diabetes Typ-1 wird als Autoimmunerkrankung bezeichnet, da sich das Immunsystem gegen die körpereigenen insulinbildenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse richtet – genauer die Betazellen in den Langerhans´schen-Inseln – und diese zerstört. Der Angriff der T-Zellen löst einen chronischen Entzündungsprozess aus, in dessen Folge die Betazellen zum Teil oder vollständig absterben. Die Insulinproduktion kommt zum Erliegen. Sinkt die Insulinmenge auf ein gewisses Maß ab, bricht die Erkrankung aus. Bestimmte äußere Einflussgrößen können diese Fehlsteuerung begünstigen.
Der Einfluss von Enteroviren auf das Diabetesrisiko
"Das Immunsystem spielt eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Diabetes Typ-1. Unter anderem ist es möglich, dass die körpereigene Abwehr durch Infektionskrankheiten fehlgeleitet wird. Derzeitige Untersuchungen sehen in Enteroviren ein Risiko, besonders in Coxsackie-Viren", erklärt der Diabetesforscher. "Bei Mäusen konnte durch eine gezielte Infektion mit diesen Viren Hyperglykämie ausgelöst werden. Nicht abschließend geklärt sind die zugrundeliegenden Mechanismen, unter anderem inwieweit das Virus selbst zu Entzündungen und Gewebeschäden in der Bauchspeicheldrüse führt, was wiederum die überschießende Reaktion des Immunsystems verursachen könnte."
Die meisten Infektionen durch Enteroviren verlaufen symptomlos und werden von den Betroffenen nicht bemerkt. Die Enteroviren können aber auch unspezifische fieberhafte Erkrankungen verursachen, zum Teil mit Hautausschlägen verbunden. Ebenso können sie eine Reihe von Erkrankungen verursachen, etwa Atemwegserkrankungen wie die "Sommergrippe", eine aseptische Meningitis (Hirnhautentzündung) oder eine virale Myokarditis (Herzmuskelentzündung).
Die Rolle von Umweltfaktoren bei der Entstehung von Diabetes Typ-1
Neben Viren stehen weitere Umwelteinflüsse in Verdacht, das Erkrankungsrisiko von Diabetes Typ-1 zu erhöhen. "Dazu gehören unter anderem Luftverschmutzung, hohe Ozonwerte, Sulfate in der Luft sowie Nitrosamine Abschließende Beweise fehlen jedoch", erklärt Scherm. "Ebenfalls diskutiert wird Passivrauchen als beschleunigender Faktor."
Auch gibt es Hinweise, dass eine Geburt per Kaiserschnitt bei Kindern mit genetischer Vorbelastung das Diabetes Typ-1-Risiko möglicherweise erhöht. Das frühe Zufüttern glutenhaltiger Lebensmittel vor dem dritten Lebensmonat wird ebenfalls als Risikofaktor diskutiert. Doch auch hier fehlen bislang wissenschaftliche Untersuchungen, die dies zweifelsfrei belegen. "Unklar ist auch, ob das Gluten eine Rolle spielt, etwa eine hohe Immunaktivierung hat, oder ob es eine insgesamt hochkalorische Kost ist, welche die Bauchspeicheldrüse möglicherweise unter Stress setzt", sagt Scherm. "Es gibt noch viel Forschungsbedarf – auch mit Hinblick auf präventive Maßnahmen. Bislang lässt sich der Ausbruch der Erkrankung nicht verhindern. Auch heilbar ist Diabetes Typ-1 bislang nicht."
Warum die Bauchspeicheldrüse bei Typ 1-Diabetes versagt - t-online
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