Der Konsum von E-Zigaretten gilt als weniger schädliche Alternative zum Rauchen. Mehr und mehr Studien zeigen allerdings, dass auch E-Zigaretten zahlreiche negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Eine neue Untersuchung deutet nun darauf hin, dass die Mundflora bei „Dampfern“ zugunsten schädlicher Mikroorganismen verändert ist. Die Bakteriengemeinschaften im Mund der E-Zigaretten-Konsumenten werden mit einem erhöhten Risiko für Zahnfleischerkrankungen wie Parodontitis in Verbindung gebracht. Sie ähneln denen von Rauchern, haben aber auch einzigartige Merkmale.
E-Zigaretten werden oft als weniger schädlich als klassische Zigaretten angesehen. Statt Tabak zu verbrennen, verdampfen sie ein Gemisch aus Wasser mit Propylenglykol und Glycerin, dem üblicherweise Nikotin und verschiedene Geschmackstoffe zugesetzt sind. Doch auch wenn die angebliche geringere Gesundheitsgefahr für viele Nutzer ein Argument ist, lieber zu „dampfen“ statt zu rauchen, mehren sich die Belege, dass auch E-Zigaretten zahlreiche negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben.
Raucher, Dampfer und Nichtraucher im Vergleich
Ein Team um Scott Thomas vom New York University College of Dentistry hat nun untersucht, wie sich E-Zigaretten auf die Mundflora auswirken. Dazu entnahmen die Forscher Plaqueproben von 27 Rauchern, 28 „Dampfern“ und 29 Nichtrauchern und analysierten die darin enthaltenen mikrobiellen Gemeinschaften. Zusätzlich wurden alle Probanden zahnärztlich untersucht. In die Studie aufgenommen wurden nur Personen, die bereits Anzeichen von Parodontitis zeigten. Bei dieser durch Bakterien verursachten Zahnfleischerkrankung ist das Zahnfleisch chronisch entzündet, neigt zum Bluten und zieht sich mehr und mehr zurück. Um den Verlauf der Erkrankung bei den unterschiedlichen Gruppen zu erfassen, entnahmen die Forscher nach sechs Monaten erneut eine Probe und untersuchten den Zustand von Zähnen und Zahnfleisch der Studienteilnehmer.
„Unsere Daten deuten darauf hin, dass der Konsum von E-Zigaretten ein stabiles parodontales Mikrobiom fördert, das zwischen dem von konventionellen Zigarettenrauchern und Nichtrauchern liegt und einzigartige Merkmale aufweist, die die Mundgesundheit des Wirts auf andere Weise beeinflussen können als der konventionelle Zigarettenkonsum“, schreiben die Forscher. So fanden sie bestimmte Bakteriengruppen bei allen Probanden, andere dagegen jeweils nur bei Rauchern, Dampfern oder Nichtrauchern. Das Mund-Mikrobiom der Dampfer war dabei dem der Raucher ähnlicher als dem der Nichtraucher, beherbergte aber auch Bakteriengemeinschaften, die sich bei keiner der beiden anderen Gruppen fanden.
Verschlimmerung der Parodontose
Zwischen der ersten und der zweiten Untersuchung verschlimmerte sich die Parodontose bei einigen der Studienteilnehmer. In der Dampfer-Gruppe waren bei der ersten Untersuchung drei Personen, die nur unter milder Parodontose litten. Bei der zweiten Untersuchung war ihre Erkrankung zu einem als moderat klassifizierten Stadium fortgeschritten. Ein Dampfer und jeweils vier Raucher und Nichtraucher, bei denen zuvor eine moderate Parodontose diagnostiziert worden war, litten bei der zweiten Untersuchung unter schwerer Parodontose.
Da der Schweregrad der Erkrankung zu Beginn der Studie nicht gleichmäßig über die Gruppen verteilt war – so gab es in der Raucher-Gruppe von Anfang an keine Probanden mit nur milder Parodontose – lassen sich diese Ergebnisse nicht direkt vergleichen. Zudem unterschieden sich die Gruppen in Hinblick auf demografische Merkmale wie Alter, Geschlecht und Ethnie, sodass der Konsum von Zigaretten oder E-Zigaretten nur einer von vielen möglichen Einflussfaktoren ist.
Mundflora und Immunmodulatoren verändert
Analysen der Mikroorganismen in den Plaqueablagerungen geben jedoch zumindest Hinweise darauf, dass Rauchen und Dampfen tatsächlich eine Rolle für das Fortschreiten der Erkrankung spielen könnten. Mehrere Bakteriengattungen, darunter Selenomonas, Leptotrichia und Saccharibacteria, kamen sowohl bei Rauchern als auch bei Dampfern deutlich häufiger vor als bei Nichtrauchern. Mehrere andere Bakterien – darunter Fusobacterium und Bacteroidales, die bekanntermaßen mit Zahnfleischerkrankungen in Verbindung gebracht werden – waren in den Mündern von E-Zigaretten-Konsumenten besonders dominant.
Zudem stellten die Forscher fest, dass sich bestimmte Botenstoffe des Immunsystems, sogenannte Zytokine, bei Rauchern, Dampfern und Nichtrauchern unterschieden. TNFα, ein Zytokin, das Entzündungen verursacht, war bei E-Zigarettenkonsumenten deutlich erhöht. Im Gegensatz dazu waren die Zytokine Interleukin-4 und Interleukin-1β bei E-Zigaretten-Benutzern niedriger. „Interleukin-4 ist bei Parodontitis tendenziell reduziert und steigt nach einer Behandlung wieder an“, erklären die Forscher. „Das deutet darauf hin, dass Spezies, die im parodontalen Mikrobiom vorhanden sind, die Immunantwort des Wirts aktiv unterdrücken.“ Die Forscher gehen davon aus, dass das Dampfen eben diese Bakterien fördert und so indirekt dazu beiträgt, das Gleichgewicht der Immunregulatoren zu verschieben.
Weitere Studien erforderlich
„Der Gebrauch von E-Zigaretten ist eine relativ neue menschliche Gewohnheit“, sagt Thomas. „Im Gegensatz zum Rauchen, das seit Jahrzehnten umfassend untersucht wird, wissen wir nur wenig über die gesundheitlichen Folgen des E-Zigarettenkonsums und beginnen gerade erst zu verstehen, wie sich das einzigartige Mikrobiom, das durch das Dampfen gefördert wird, auf die Mundgesundheit und Krankheiten auswirkt.“ Weitere Studien mit größeren, besser vergleichbaren Gruppen sind erforderlich, um diese Zusammenhänge detaillierter zu verstehen.
Quelle: Scott Thomas (New York University College of Dentistry, USA) et al., mBio, doi: 10.1128/mBio.00075-22
Ungesunde Mundflora durch E-Zigaretten - wissenschaft.de
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