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Wednesday, April 19, 2023

Gegen Krebs: Stress durch Hitze - Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum

Die Idee der Hyperthermie ist über 100 Jahre alt: Temperaturen im Bereich von hohem Fieber sollen Krebszellen Stress aussetzen und wie bei einer Infektion das körpereigene Immunsystem zur Abwehr anregen.

Mittlerweile existieren verschiedenste Verfahren mit erheblichen Unterschieden: vor allem darin, wie die Temperatur erhöht wird und wie ausgedehnt der überwärmte Bereich ist. Zahlreiche Ansätze gelten als Methoden unbewiesener Wirksamkeit. Regionale Hyperthermie-Verfahren können bei besonderer Tumorlokalisation in Kombination mit einer Strahlen- oder Chemotherapie einen Nutzen bringen. Aber auch hier ist die Evidenz begrenzt: Oft reicht die derzeitige Studienlage noch nicht für eine Empfehlung in den Leitlinien aus.

Aktive Hyperthermie: Fiebertherapie

Übersicht über verschiedene Verfahren zur Überwärmung bei Krebs, eingeordnet in Methoden ohne sicheren Wirksamkeitsnachweis und evidenzbasierte Methoden.
Verschiedene Hyperthermie-Verfahren kommen gegen Krebs zum Einsatz. © Krebsinformationsdienst, DKFZ, erstellt mit BioRender.com

Die Fiebertherapie ist der ursprünglichste Ansatz. Eine künstliche Infektion mit fiebererzeugenden (pyrogenen) Stoffen regt dabei den gesamten Körper zur Temperaturerhöhung an. Daher spricht man auch von aktiver Hyperthermie. Das künstlich ausgelöste Fieber soll die körpereigene Immunantwort gegen Krebszellen verstärken.

Als fiebererzeugende Stoffe dienen Bakterien- und/oder Mistelextrakte. Meist direkt in die Vene injiziert, lösen diese Pyrogene eine systemische Entzündungsreaktion aus, die schlecht steuerbar ist. Daher warnen die Krebsgesellschaften einiger Bundesländer sogar in ihren Broschüren zur Komplementärmedizin1: "Fiebertherapien sind als gesundheitsgefährdend abzulehnen und sollten bei Krebserkrankungen auf keinen Fall angewendet werden."

Zudem gibt es bisher keine beweiskräftigen Studien, die eine Wirksamkeit der Fiebertherapie gegen Krebs belegen.

Passive Hyperthermie: Überwärmung von außen

Erfolgt die Überwärmung anders als bei der Fiebertherapie von außen, spricht man von passiver Hyperthermie. Dabei bestimmt die Lokalisation des Tumors die Zugangswege und somit das einsetzbare Verfahren.

Je nach Lage des Tumors erfolgt die Überwärmung oberflächlich oder mithilfe von Sonden über Radio-, Mikrowellen oder Ultraschall. An Bedeutung gewinnt der Einsatz von heißer Chemotherapie-Lösung zur Überwärmung. Die Lösung wird entweder in einen separierten Blutkreislauf betroffener Extremitäten geleitet oder zur Spülung von Körperhöhlen verwendet.

Ganzkörperhyperthermie: Eine Überwärmung des gesamten Körpers durch verschiedene Verfahren bezeichnet man als Ganzkörperhyperthermie. Ihre Wirksamkeit gegen Krebs ist nicht belegt. Auch zum begleitenden (supportiven) Einsatz der Ganzkörperhyperthermie gibt es keine positiven Studienergebnisse. Daher wird die Ganzkörperhyperthermie grundsätzlich als Methode mit unbewiesener Wirksamkeit eingestuft.

Lokale oder Oberflächenhyperthermie: Daneben existieren verschiedene Verfahren, bei denen nur einzelne Körperregionen überwärmt werden. Erfolgt die Überwärmung von außen, spricht man von lokaler oder Oberflächenhyperthermie. Sie wird nur in Kombination mit einer Strahlen- oder seltener auch Chemotherapie durchgeführt.

Regionale oder Tiefenhyperthermie: Um Tumoren und Metastasen in tiefer liegenden Körperregionen zu überwärmen, wird die regionale (Tiefen-) Hyperthermie eingesetzt. Eine Möglichkeit ist, die Temperatur durch elektromagnetische Wellen zusätzlich zu einer begleitenden Chemotherapie zu erhöhen.

Weitere Verfahren nutzen die direkt auf 42°C erwärmte Chemotherapie-Lösung zum Spülen von Körperhöhlen. Das geschieht in der Regel im Anschluss an eine möglichst komplette chirurgische Zytoreduktion (Verringerung der Tumorlast) noch während der Operation. Die Vorteile dieses Verfahrens:

  • Durch die lokale Anwendung können höhere Konzentrationen des Chemotherapeutikums eingesetzt werden.
  • Außerdem verstärkt Wärme die Zytotoxizität einzelner Chemotherapien.
  • Weiterhin geht man davon aus, dass die Überwärmung das Gefäßsystem des Tumors erweitert und besser zugänglich macht.

Regionale Hyperthermie-Verfahren: Das sagen die Leitlinien

Tiefenhyperthermie:

  • Beim adulten Weichteilsarkom des Beckens, des Abdomens oder der Extremitäten sollte/kann eine neoadjuvante Chemotherapie mit einer regionalen Hyperthermie kombiniert werden (evidenzbasierte Empfehlung)2. Da das Verfahren nur eingeschränkt verfügbar ist, konnte kein Konsens für eine reine "Sollte"-Empfehlung erzielt werden.
  • Dabei wird die regionale Hyperthermie durch elektromagnetische Wellen erreicht.

Isolierte Extremitätenperfusion (ILP):

  • Beim adulten Weichteilsarkom2 sowie beim malignen Melanom3 ist die ILP als Option zu überprüfen, um bei lokalem Krankheitsfortschritt in Armen oder Beinen unter Umständen eine Amputation verhindern zu können (Expertenkonsens).
  • In betroffenen Extremitäten wird der Blutkreislauf separiert und mild erwärmt sowie eine Chemotherapie (Melphalan) und rekombinanter humaner Tumornekrosefaktor-alpha eingeleitet.

Hypertherme intrathorakale Chemotherapie (HITOC oder HITHOC):

  • bei malignem Befall des Brustfells (Pleuramesotheliom, sekundärer Befall beim Thymom und Thymuskarzinom) als Option aufgeführt (S1-Leitlinie HITOC4)
  • intraoperative Spülung des Thorax mit erwärmter Chemotherapie

Hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC):

  • Möglich bei einem begrenzten Befall des Bauchfells (Peritonealkarzinose), wie er meist sekundär bei fortgeschrittenen im Bauchraum gelegenen Tumoren (kolorektalem Karzinom, Magen-, Pankreas-, Ovarial- oder Appendixkarzinom) auftritt.
  • intraoperative Spülung des Peritoneums mit erwärmter Chemotherapie
  • Klare Empfehlungen für die Durchführung einer HIPEC gibt es in den deutschen S3-Leitinien bisher noch nicht.
  • Bei limitierter Peritonealkarzinose infolge eines Magenkarzinoms gibt die Datenlage Hinweise auf eine mögliche Prognoseverbesserung durch HIPEC. Die Durchführung ist jedoch nur innerhalb von Studien empfohlen (Expertenkonsens)5.

Welche Kriterien müssen evidenzbasierte Hyperthermie-Verfahren erfüllen?

Für die genannten regionalen Hyperthermie-Verfahren gibt es in einzelnen lokal begrenzt fortgeschrittenen Krankheitssituationen Hinweise auf einen Nutzen. Aber auch hier sind weitere Studien notwendig. Die aktuelle S3-Leitlinie "Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen" gibt folgende Kriterien für in der wissenschaftlichen Medizin angewandte Hyperthermie-Verfahren an6:

  • den genauen Temperaturnachweis im oder am Tumorgewebe. Für nachweisbare onkologische Effekte muss hier eine Temperatur von 42°C erreicht werden. In einzelnen Therapie-Protokollen gibt es zu Zieltemperatur, Dauer und Wiederholung umfassendere Angaben.
  • Außerdem ist eine Kombination mit einer Strahlen- oder Chemotherapie notwendig.

Fazit

Bestimmte Hyperthermieverfahren werden vor allem von komplementär- und alternativmedizinischen Anbietern angewendet. Das gilt für die Ganzkörperhyperthermie oder auch Verfahren ohne begleitende Chemo- oder Strahlentherapie.

Andere Methoden werden in der wissenschaftlich orientierten Medizin intensiv beforscht und im klinischen Alltag bereits eingesetzt. Dennoch besteht bisher meist keine eindeutige Evidenz: Weitere Studien sind notwendig, um einen klaren Nutzen der Hyperthermie zu zeigen. Dies könnte sich dann in Zukunft in eindeutigen Leitlinien-Empfehlungen widerspiegeln.



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