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Friday, April 21, 2023

Wie gefährlich ist der Tumor? Uni-Ärzte enttarnen Prostatakrebs - 24vita.de

Prof. Dr. Christian Stief sitzt an seinem Schreibtisch in seinem Büro im LMU Klinikum

Im Kampf gegen Prostatakrebs analysieren Unimediziner, wie gefährlich der Tumor ist. So kann in manchen Fällen eine sofortige OP vermieden werden.

Keine Krebsart trifft so viele Männer wie das Prostatakarzinom, pro Jahr werden in Deutschland 60 000 neue Fälle entdeckt. Doch es gibt auch eine ermutigende Nachricht: Prostatakrebs wächst in vielen Fällen vergleichsweise langsam. „Inzwischen leben fünf Jahre nach der Diagnose noch etwa 93 Prozent der Betroffenen, und nach zehn Jahren sind es noch 90 Prozent“, weiß Professor Dr. Christian Stief, der Chefarzt der Urologie des LMU Klinikums. Bei seinem Spezialistenteam in München-Großhadern werden jedes Jahr weit über 1500 Prostatapatienten behandelt. „Etwa 70 Prozent der neu entdeckten Prostatakarzinome müssen operiert werden – vor allem, um zu verhindern, dass Krebszellen in andere Organe gestreut werden und dort Tochtergeschwulste, sogenannte Metastasen, bilden“, sagt Stief. 

Aktives Überwachen statt sofortiger OP, wenn es die Beschaffenheit des Prostatakarzinoms zulässt

Es gibt aber auch immer mehr Fälle, in denen die technisch inzwischen massiv aufgerüstete Strahlentherapie gute Behandlungsalternativen bietet. Gar nicht so selten unternehmen die Ärzte auch erst mal gar nichts, um den Tumor zu bekämpfen. „Active Surveillance“ nennt man diese Strategie auf Englisch – auf Deutsch: Aktives Überwachen. Der Hintergrund: Die Mediziner können Krebsherde heute derart genau analysieren, dass sie das Gefährdungspotenzial in den nächsten Jahren gut einschätzen können. Vereinfacht erklärt: Hat der Patient einen vergleichsweise wenig aggressiven Krebs (in der Fachsprache niedrig maligner Tumor genannt), dann muss er zunächst nicht zwingend operiert werden.

Tumoranalyse mit einem Verfahren namens Fusionsbiopsie

PD Dr Maria Apfelbeck vor einem Bildschirm mit Ultraschalldiagnosebildern

Basis für eine solche personalisierte beziehungsweise individualisierte Behandlungsstrategie ist eine professionelle Diagnostik. Als Schlüssel zur Tumoranalyse dient heute die Fusionsbiopsie. „Sie erlaubt eine relativ genaue Einschätzung, wie aggressiv der Tumor ist und ob er noch auf das Organ beschränkt ist“, erklärt Privatdozentin Dr. Maria Apfelbeck, die dieses Verfahren in der Urologischen Uniklinikin Großhadern leitet.

Prostatakrebs: Ultraschall und Magnetresonanztomografie (MRT) werden kombiniert

Bei einer Biopsie entnimmt die Ärztin eine Probe aus dem verdächtigen Gewebe in der Prostata. Dazu sticht sie mit einer dünnen Nadel in die Drüse hinein – immer unter Betäubung. Zur Orientierung gab es früher nur ein Ultraschallbild. Doch bei einer Fusionsbiopsie wird das Live-Ultraschallbild mit den Aufnahmen einer zuvor durchgeführten Magnetresonanztomografie (MRT) der Prostata kombiniert. Der Grund: Verändertes Gewebe ist auf MRT-Bildern besser zu erkennen. „Dadurch können wir das verdächtige Gewebe mit der Nadel viel genauer ansteuern“, berichtet Apfelbeck.

Professor Christian Stief: Vorhersage-Genauigkeit bei Prostatakrebs ist relativ gut

Die Vorhersage-Genauigkeit dieser Hightech-Methode ist relativ gut. Chefurologe Stief: „Wir können mit etwa 60- bis 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit drei Fragestellungen klären: Erstens, ob wir es tatsächlich mit Krebs zu tun haben. Zweitens, ob es sich um einen aggressiven Tumor handelt. Und drittens, ob der Krebs noch auf das Organ beschränkt ist oder mutmaßlich schon gestreut hat.“

New England Journal of Medicine: Gefährliche Tumoren werden besser erkannt

Wie wertvoll diese technische Weiterentwicklung ist, beweisen auch wissenschaftliche Auswertungen. So zeigte eine Studie, die im Fachjournal New England Journal of Medicine veröffentlicht worden ist, dass mit der Fusionsbiopsie gefährliche Tumore besser erkannt werden können als mit dem herkömmlichen reinen Ultraschallverfahren. Gleichzeitig kommen bei dem MRT-gestützten Verfahren weniger – zufällig entdeckte – kleinere Tumore zum Vorschein, die gar nicht behandelt werden müssen.

So läuft die Untersuchung an der Prostata ab

Der Ablauf der Fusionsbiopsie unterscheidet sich für den Patienten kaum von der Ultraschallmethode, die über Jahrzehnte als Standardverfahren genutzt wurde. So führt der Untersucher grundsätzlich eine Ultraschallsonde in den After ein – zuvor hat er allerdings die mitgebrachten MRT-Bilder in den Rechner des Ultraschallgeräts eingespielt. Auf dem Bildschirm kann er nun – farbig dargestellt – genau erkennen, ob er sich mit seiner Biopsie-Nadel an der exakten Entnahmestelle befindet, er kann sich wie mit einer Art Navi orientieren.

PD Dr. Maria Apfelbeck: Ergebnis der Fusionsbiopsie liegt nach zwei bis fünf Tagen vor

„Die Untersuchung dauert nur etwa eine Viertelstunde, und das Ergebnis liegt nach etwa zwei bis fünf Tagen vor“, erläutert Apfelbeck. Ob die Biopsienadel durch den Enddarm oder durch den Damm eingeführt wird, entscheidet letztlich der Patient. Die Damm-Variante ist etwas schmerzhafter, deshalb erfolgt sie je nach Patientenwunsch oft unter Vollnarkose. Andererseits ist das Infektionsrisiko etwas geringer. Denn wenn der Enddarm von der Nadel durchstoßen wird, besteht eine größere Gefahr, dass Bakterien in die Prostata gelangen. „Dieses Restrisiko ist allerdings sehr gering“, sagt Apfelbeck. So komme es bei der Fusionsbiopsie nur in weniger als einem Prozent der Fälle zu schwerwiegenden Komplikationen. Abgesehen davon, dass eine frühzeitige Diagnose der Krebserkrankung die Heilungschance massiv verbessern und sogar lebensrettend sein kann.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unserer Redaktion leider nicht beantwortet werden.

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