Angst ist ein natürlicher Schutzmechanismus. Irrationale Ängste sind allerdings sehr einschränkend und ein psychisches Problem. Wo liegt die Grenze?
Funktionale Angst schützt uns in bedrohlichen Situationen, pathologische Angst macht uns krank. Manche Menschen leiden enorm an maladaptiver Angst, die sie stark einschränkt und ihre Lebensqualität beeinträchtigt. Die irrationale Angst macht uns schließlich zu Gefangenen in einer Welt, die bedrohlich zu sein scheint.
Aus einer in der Fachzeitschrift Psychological Medicine veröffentlichten Studie geht hervor, dass 5,5 bis 7,4 Prozent der Menschen an Angststörungen leiden. Pathologische Angst belastet die psychische Gesundheit und führt häufig zu Angststörungen oder zu einer posttraumatischen Belastungsstörung. Erfahre anschließend mehr darüber.
Frauen leiden häufiger an Angststörungen als Männer.
Funktionale und pathologische Angst
Angst ist eine natürliche Emotion, ein Überlebensmechanismus, um bedrohliche Situationen zu überwinden. Eine in der Harvard Review of Psychiatry veröffentlichte Forschungsarbeit zeichnet auf, wie wir biologische verdrahtet sind, um in riskanten Situationen richtig zu reagieren: Fight, Flight, Freeze, das bedeutet Kampf, Flucht oder Erstarrung. Es handelt sich um ein Notfall-Programm, um uns in einer herausfordernden oder gefährlichen Umgebung möglichst effektiv anzupassen oder zu reagieren.
Viele Ängste sind jedoch irrational, es besteht keine tatsächlich gefährliche Situation. Wie unterscheidet sich diese pathologische Angst von der funktionalen?
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Die Intensität
Die funktionelle Angst ist eine normale Reaktion auf ein bedrohliches Ereignis. Es gibt ein gesundes Verhältnis zwischen dem Angstauslöser und der Handlungsweise. Pathologische Angst führt jedoch zu intensiven, unverhältnismäßigen Reaktionen, die schädlich sind.
Die Dauer
Die pathologische Angst ist von langer Dauer, während die psychophysiologische Reaktionen bei funktionalen Ängsten nach der Bedrohung wieder abklingt. Pathologische Ängste sind intensiv und bleiben auch dann vorhanden, wenn der Auslöser nicht mehr da ist.
Betroffene sind ständig in Alarmbereitschaft und werden von ihren Emotionen beherrscht. Deshalb reagieren sie irrational und willkürlich auf Reize, die nicht bedrohlich sind. Die Universität Oxford beschreibt die Mechanismen dieser dysfunktionalen Erfahrung, hinter der oft eine übermäßige Aktivierung der Amygdala steht.
Die Auswirkungen
Pathologische Angst lässt dich die Kontrolle verlieren. Sie schränkt dein Leben ein und bewirkt, dass du unverhältnismäßig reagierst. Das wirkt sich auf das soziale, berufliche und persönliche Umfeld aus: Menschen mit pathologischen Ängsten ziehen sich häufig zurück und entwickeln Vermeidungsverhalten.
Der Ursprung von Ängsten
Pathologische Angst wurzelt in einem bestimmten Auslöser, kann sich jedoch auf andere Bereiche ausweiten. Dies ist häufig bei sozialen Ängsten zu beobachten. Eine in der Zeitschrift PLOS ONE veröffentlichte Forschungsarbeit weist darauf hin, dass Angststörungen in der jüngeren Bevölkerung besonders häufig sind. Junge Menschen haben beispielsweise Angst davor, in der Öffentlichkeit zu sprechen, doch schließlich weitet sich diese Angst aus: Sie macht sich beim Telefonieren oder bei der Teilnahme an gesellschaftlichen Veranstaltungen bemerkbar.
Bei funktionalen Ängsten ist hingegen die Ursache eindeutig identifizierbar. Sie beschränken sich ausschließlich auf konkrete Situationen, die bedrohlich sind.
Das Bewusstsein
Bei funktionalen Ängsten sind wir uns über die Situation – eine reale Gefahr oder Bedrohung – bewusst. Wir haben trotz dieser herausfordernden Erfahrung alles unter Kontrolle, da wir verstehen, was passiert und warum.
Bei irrationalen, pathologischen Ängsten kommt es hingegen zu einer verzerrten Wahrnehmung der Realität. Die Amygdala übernimmt die Kontrolle: Du bist nicht mehr in der Lage, rational nachzudenken, sondern reagierst instinktiv und gedankenlos. Diese Situationen sind komplex, oft weißt du am Ende nicht einmal mehr, wovor du Angst hast.
Die physiologischen Reaktionen
Die physiologischen und kognitiven Reaktionen unterscheiden sich bei pathologischen und funktionalen Ängsten deutlich:
Funktionale Angst
- Schwindelgefühl
- Frösteln
- Schwitzen
- Tachykardie
- Muskelverspannung
- Engegefühl in der Brust
- Magenverstimmung
- Drang zu fliehen
- Die Person hat die Kontrolle über die Situation.
Pathologische Angst
- Schwindelgefühl
- Schwitzen
- Frösteln
- Panikattacken
- Engegefühl in der Brust
- Entwicklung von Phobien
- Bedürfnis zu fliehen
- Verdauungsstörungen
- Tachykardie über Stunden
- Irrationale Gedanken
- Anhaltende muskuläre Anspannung
- Gefühl der ständigen Alarmbereitschaft
- Probleme beim Treffen von Entscheidungen
- Bedürfnis nach Isolation, Flucht oder Kampf.
- Die Person hat keine Kontrolle über sich selbst.
Pathologische Angst und Erwartungsangst
Erwartungsangst ist das Substrat vieler irrationaler und pathologischer Ängste. In diesen Fällen denkt die Person immer an das Schlimmste, bereitet sich auf Katastrophen vor und sieht überall Bedrohungen.
Die Universität von Wisconsin-Madison spricht von dieser psychologischen Realität. Der Schatten einer möglichen Bedrohung ist ständig präsent. Diese Angst blockiert den Verstand und die Bewältigungsstrategien, die in der Regel bei Angst zum Einsatz kommen. So entsteht das Gefängnis der Erwartungsangst.
Bei funktionaler Angst hingegen weiß die Person, wie sie mit ihren Ängsten und den damit verbundenen Gedanken umgehen kann. Sie rationalisiert sie und mildert die Last der Angst wirksam ab, indem sie adaptive Reaktionen entwickelt.
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Was sind die häufigsten pathologischen Ängste?
Funktionale Ängste können manchmal zu pathologischen Ängsten eskalieren. Das passiert oft bei Menschen, die eine negative Erfahrung gemacht haben. Es ist zum Beispiel normal, nach einem Autounfall zeitweilig Angst beim Autofahren zu haben.
Es gibt aber auch Menschen, die Auch dann panische Angst vor dem Autofahren haben, wenn sie nicht im Auto sitzen. Die häufigsten pathologischen Ängste haben die Anatomie von multiplen psychologischen Störungen, die sich sukzessiv aufbauen und vielleicht teilweise in der Kindheit oder Jugend wurzeln.
Häufig handelt es sich um folgende Störungen:
- Phobien
- Panikstörung
- Angststörungen
- Zwanghafte Störungen
- Soziale Angststörung (soziale Phobie)
- Generalisierte Angststörung
- Posttraumatische Belastungsstörung
Professionelle Hilfe bei folgenden Symptomen
- Du hattest schon mehrere Panikattacken.
- Du schläfst schlecht und deine Essgewohnheiten sind gestört.
- Dein soziales und berufliches Leben wird durch deine Ängste eingeschränkt.
- Vermeidungsverhalten ist ein ständiger Bestandteil deines täglichen Lebens.
- Die Ängste beherrschen deinen Geist. Du denkst an nichts anderes mehr.
- Du hast das Gefühl, keine Kontrolle mehr über deine Realität zu haben.
In diesen Fällen solltest du unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Empfohlene Therapien zur Behandlung von Ängsten
Angststörungen sind komplex und individuell sehr verschieden. Der erste Schritt ist, sich über die Situation bewusst zu werden, danach ist professionelle Hilfe nötig. Die Expositionstherapie, die kognitive Verhaltenstherapie oder die strategische Kurztherapie sind bei Ängsten sehr wirksam. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Unterschiede zwischen funktionaler und pathologischer Angst eine klare Grenze zwischen psychischem Wohlbefinden und psychischer Störung ziehen.
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