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Sunday, September 3, 2023

Medikamentendesign auf Knopfdruck – künstliche Intelligenz macht´s möglich - Ärzte Zeitung

Leipzig. Medizin wird molekularer, gerade in der Rheumatologie. Das Verständnis der molekularpathologischen Grundlagen ist der Schlüssel zu neuen Therapieansätzen. Einen passenden Wirkstoff zu entwickeln, der spezifisch an der gewünschten Zielstruktur andockt, ist zeit- und kostenintensiv. Es sei denn, Forscher und Forscherinnen sourcen diese Arbeit aus: an leistungsstarke künstliche neuronale Netzwerke, die sie zuvor mit klinischen und genetischen Patientendaten und Strukturen bekannter biologisch relevanter Eiweiße und Medikamente trainiert haben.

Professor Jens Meiler, der Leiter des 2020 neugegründeten Instituts für Wirkstoffentwicklung an der Universität Leipzig geht davon aus, dass sich dadurch grundsätzlich verändern wird, wie Mediziner Krankheiten angehen. „Wir sitzen hier in fünf Jahren und reden über ganz andere Themen“, prophezeite er bei der Eröffnungsveranstaltung zum deutschen Rheumatologie-Kongress 2023. Stichworte: Präzisions- und personalisierte Medizin. Beides beginnt schon in der Onkologie und bietet sich auch bei den oft sehr heterogenen Krankheitsbildern in der Rheumatologie an.

Zig Milliarden Wirkstoffe bereits vor-designt

Die Voraussetzungen sind da: „Wir haben nahezu unendlich viele Daten, und wir haben Computercluster, die groß genug sind, dass wir sehr, sehr große Netzwerke bauen können.“

Wenn man die Molekülgröße realistisch für Medikamente begrenze, gebe es theoretisch immer noch 1060 mögliche Strukturen für therapeutische Wirkstoffe, so der Chemiker und Strukturbiologe. „Das sind mehr als Atome im Universum.“ Zu viele, um Chemiker im Labor mit der Synthese zu beauftragen. Und auch nicht nötig. Denn es gebe Firmen mit virtuellen Bibliotheken mit rund 40 Milliarden potenziellen Wirkstoffen. Meiler: „Die haben die nicht synthetisiert, aber sie sagen uns: ‚Wir haben die Synthesewege, und wenn Ihr sagt, Ihr braucht das Molekül, synthetisieren wir das in vier Wochen´“ – egal, ob kleines Molekül, Impfstoff oder Antikörper.

Proteinfaltung entscheidet über Funktion

Entscheidend für die biologische Wirkung von Proteinen, körpereigene wie extern zugeführte, ist deren dreidimensionale Struktur. „Es ist nicht die Primärstruktur des Proteins, es ist nicht die Reihenfolge der Aminosäuren“, erläuterte Meiler. „Nur, wenn sie sich im dreidimensionalen Raum richtig anordnen, können sie das Molekül binden, was unter Umständen das Medikament sein kann.“

Und hier kommen neuronale Netzwerke ins Spiel. AlphaFold kann die Proteinkonformation anhand der Aminosäuresequenz mit hoher Treffsicherheit errechnen. In kürzester Zeit. Selbst wenn dem Netzwerk das Protein bis dato nicht bekannt war. So hat Meiler mit seinem zehnköpfigen Team acht Jahre gebraucht, um die dreidimensionale Faltung von Caveolin-1 zu ermitteln. Es handelt sich um ein membranständiges Protein auf der Oberfläche verschiedener Zellen. Seine verminderte Expression im Lungengewebe beispielsweise spielt bei idiopathischer Lungenfibrose eine Rolle. AlphaFold generierte prompt ein Modell, das identisch war mit den Meilers Ergebnissen – ohne diese zu kennen. „Es ist nichts Vergleichbares in der Proteindatenbank“, betonte Meiler. „Wir haben die Struktur bestimmt, nachdem AlphaFold trainiert wurde. AlphaFold konnte nicht wissen, wie das Ding aussieht.“

Revolutionäre Entwicklung

Seit Freigabe des Quellcodes 2021 sei die Zahl wissenschaftlicher Artikel dazu explodiert. „Wir haben hier eine Revolution in der Strukturbiologie, die dazu führen wird, dass wir die Struktur von jedem Protein kennen, die Struktur von jeder Mutante, die Krankheiten hervorruft. Und wir werden in den nächsten zehn Jahren dahinkommen, dass wir Moleküle vorhersagen, die diese Mutanten konkret ansprechen“, prophezeite Meiler. Mit künstlicher Intelligenz könnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den 40 Milliarden Molekülen in den Datenbanken das Molekül heraus screenen, das nicht nur an das Zielprotein im Körper bindet, sondern an eine bestimmte Konformation des Proteins mit der Mutation des jeweiligen Patienten.

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