Manche sind erschöpft, manche können nicht aufhören zu husten, andere schlafen schlecht, können sich kaum noch konzentrieren oder geraten andauernd außer Atem: Die Beschwerden von Long Covid sind vielfältig. Sie können noch Monate nach der Infektion auftreten und selbst dann kommen, wenn jemand während der akuten Erkrankung nur ein bisschen Fieber und Schnupfen hatte.
Bislang lässt sich die Ursache von Long Covid nicht behandeln. Eine aktuelle Studie mit mehr als einer halben Million Teilnehmenden zeigt jedoch, dass eine Impfung der Erkrankung zumindest vorbeugen kann. Menschen ohne Impfung entwickelten den Daten zufolge deutlich häufiger Long Covid als Menschen, die vor ihrer ersten Coronainfektion mindestens eine Spritze erhalten hatten.
»Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen, wie wichtig es ist, flächendeckend gegen Covid-19 zu impfen – nicht nur, um das Risiko schwerer Covid-19-Erkrankungen zu reduzieren, sondern auch, um die Belastung durch Long Covid in der Bevölkerung zu senken«, schreibt die Forschergruppe um Maria Bygdell von der Universität Göteborg im »British Medical Journal «.
In der Vergangenheit waren schon andere Untersuchungen zum Ergebnis gekommen, dass eine Impfung vor Long Covid schützen könnte. Viele der Studien hatten jedoch wissenschaftlich gesehen Schwächen, beruhten etwa nur auf einer kleinen Zahl von Probanden.
Long Covid: 1,4 Prozent der Nicht-Geimpften betroffen
Für die aktuelle Untersuchung machte sich das Forscherteam zunutze, dass in Schweden sehr viele Gesundheitsdaten in Registern gesammelt werden. Dadurch konnten sie Informationen von mehr als 500.000 Menschen auswerten, die in Schweden leben und bei denen zwischen Ende 2020 und Frühjahr 2022 zum ersten Mal eine Coronainfektion nachgewiesen wurde.
Als geimpft galt, wer vor der Infektion mindestens eine Dosis eines Coronaimpfstoffs enthalten hatte. Diese Daten verglich das Forscherteam mit der Zahl der ärztlich festgestellten Long-Covid-Diagnosen in der Studiengruppe. Dabei berücksichtigten sie alle Diagnosen, die bis zum 30. November 2022 gestellt wurden.
Die Ergebnisse:
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Von den knapp 300.000 geimpften Probanden wurde bei 1201 Personen Long Covid diagnostiziert. Das ist ein Anteil von 0,4 Prozent.
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Bei den rund 290.000 Personen ohne Impfung erhielten 4118 Menschen eine Long-Covid-Diagnose. Das entspricht 1,4 Prozent.
Je mehr Impfungen jemand vor der ersten Infektion erhalten hatte, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit, dass er an Long Covid erkrankt.
Ungeimpfte auch deutlich häufiger im Krankenhaus
Auch diese Studie hat eine Schwäche: Mithilfe der Daten lässt sich nur ein Zusammenhang zwischen der Impfung und der Zahl der Erkrankungen beobachten. Es lässt sich aber nicht belegen, dass tatsächlich die Impfung das Long Covid-Risiko gesenkt hat und nicht eine andere Gemeinsamkeit in der Gruppe der Geimpften.
Um das Risiko solcher Verzerrungen zu reduzieren, berücksichtigten die Forschenden bei zusätzlichen Berechnungen auch den Einfluss von Faktoren wie Alter, Geschlecht und Vorerkrankung auf das Long-Covid-Risiko.
Durch das Einbeziehen dieser weiteren Einflussfaktoren sank in der Analyse die Schutzwirkung der Impfung etwas, trotzdem verhinderte sie statistisch gesehen 58 Prozent der Long-Covid-Erkrankungen. Zum Vergleich: Ohne die anderen Einflussfaktoren schützte die Impfung den Berechnungen zufolge zu 71 Prozent vor einer Erkrankung.
Auch wenn es nicht das eigentliche Ziel der Untersuchung war, analysierten die Forschenden außerdem den Zusammenhang zwischen Impfungen und schweren Covid-Verläufen. Ungeimpfte mussten in der Studiengruppe deutlich häufiger mit einer akuten Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden als Geimpfte (vier Prozent im Vergleich zu 1,5 Prozent).
Das könnte zumindest teilweise erklären, warum die Impfung auch vor Long Covid schützt. Von den Personen, die mit Covid-19 auf der Intensivstation behandelt wurden, erhielt mehr als jeder Dritte eine Long-Covid-Diagnose. Viele erkranken jedoch auch ohne schweren Verlauf an Long Covid. Davor schützt die Impfung den Daten zufolge ebenfalls.
Wer sich impfen lassen sollte
Die am Robert Koch-Institut ansässige Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt in Deutschland allen Menschen ab 18 Jahren eine sogenannte Basisimmunität. Das heißt: Jeder sollte seine Immunabwehr bei drei Kontakten mit dem Virus oder Bestandteilen des Virus geschult haben. Idealerweise sollten der Stiko zufolge mindestens zwei der drei Kontakte auf Impfungen zurückgehen. Wer gesund und unter 60 Jahre alt ist, benötigt laut Stiko darüber hinaus keine weiteren Impfungen. Das gilt auch für Schwangere.
Ältere Menschen, stark Übergewichtige und Menschen mit Vorerkrankungen wie COPD oder Diabetes hingegen sollten ihre Impfung regelmäßig auffrischen lassen, da bei ihnen weiterhin ein erhöhtes Risiko besteht, nach einer Coronainfektion schwer zu erkranken.
Dabei sollte in der Regel ein Abstand von mindestens zwölf Monaten zur letzten Impfung oder Infektion eingehalten werden – allerdings ist es laut Stiko auch sinnvoll, sich im Herbst vor der Krankheitswelle impfen zu lassen. Die Coronaimpfung kann zeitgleich mit der Grippeimpfung erfolgen. Es gibt sogar Hinweise aus einer aktuellen Studie , dass die Geimpften in diesem Fall mehr Antikörper bilden. An der Studie hatten allerdings nur 42 Personen teilgenommen.
Corona: So gut schützt die Impfung vor Long Covid - DER SPIEGEL
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