Bereits bei Erkrankungen wie Typhus, Tuberkulose und Cholera wird die Schluckimpfung seit etlichen Jahren erfolgreich eingesetzt. Dabei handelt es sich um einen Lebendimpfstoff, bei dem geschwächte Pathogene eines Krankheitserregers in oraler Form verabreicht werden. Der Nachteil daran ist, dass es bei immungeschwächten Personen zum Ausbruch der eigentlichen Krankheit kommen kann. Hinzu kommt aber noch ein weiterer Minuspunkt, wenn es um SARS-CoV-2 geht, wie Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) herausfinden konnten. Denn die durch die Impfung produzierten Abwehrzellen sind weitaus geringer als erwartet.
Wichtiges Einfallstor für SARS-CoV-2
Nicht nur über die Lunge kann sich das Coronavirus Zugang zum menschlichen Organismus verschaffen: Auch der Darm gilt als wichtiges Einfallstor, was eine Infektion mit SARS-CoV-2 angeht. Wie effektiv dabei die Immunantwort des Darms im Detail ausfällt, wollten die Forschenden in der aktuellen Studie näher beleuchten und fanden sodann heraus, dass diese nicht ausreichend vorhanden ist. „Die Anzahl bestimmter Abwehrzellen, die durch die Reaktion des Darms auf die Infektion gebildet werden, war im Vergleich zu den Immunzellen, die an anderen Stellen im Körper gebildet werden, deutlich geringer“, meint hierzu Studienleiter Dr. Sebastian Zundler in einer Pressemitteilung. Das könnte einen erheblichen Dämpfer für Schluckimpfungen bedeuten, wovon sich momentan einige in Entwicklung befinden.
Wanderfreudige Immunzellen
Normalerweise forscht das Team rund um die Studie an chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Unter anderem wird dabei die Zellwanderung der Immunzellen, die im Darm gebildet werden, näher beleuchtet. Denn wird ein Infekt von diesen erkannt, breiten sich Abwehrzellen im weiteren Verlauf im ganzen Körper aus, um eine systemische Abwehrreaktion hervorzurufen. Da auch bekannt wurde, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 über den Darm möglich ist, fokussierten sich die Forschenden nun auf dieses spezielle Gebiet. Hierbei verwendeten sie eine Technik namens Durchflusszytometrie, die es ermöglichte verschiedene Arten von Immunzellen in Blutproben zu erkennen und zu messen. Genauer analysiert wurde dabei das Blut von bereits infizierten als auch nicht infizierten Personen.
Marker macht Nachweis möglich
„Es gibt einen speziellen Mechanismus im lymphoiden Gewebe des Darms, der die Produktion eines Markers namens a4b7 integrin auslöst. Dieser Marker veranlasst T-Zellen, sich in Richtung Darm zu bewegen, um eine Infektion zu bekämpfen. Anhand dieses Markers können wir erkennen, ob im Blut Lymphozyten zirkulieren, die durch die Immunantwort des Darms entstanden sind“, ergänzt Erstautorin Dr. Tanja Müller. Dadurch konnte genau festgestellt werden, in welcher Anzahl und von welchem Typ Immunzellen im Körper insgesamt vorhanden waren. Keine Rolle scheint aber der Verlauf von Covid-19 zu spielen: „Unabhängig davon, ob die Patienten im Rahmen ihrer Erkrankung gastrointestinale Symptome hatten oder nicht, fanden wir relativ wenige Immunzellen mit diesem Marker im Blut von Covid-19 Patienten“, so Müller weiter.
Ursache nicht eindeutig
Genauer untersucht werden müssen aber noch die genauen Umstände, die zu diesem Ergebnis führen: „Das könnte an der „Verdünnung“ durch Zellen liegen, die an anderen Infektionsorten – zum Beispiel die Lunge – gebildet werden. Alternativ könnte es sein, dass diese Zellen selektiv in andere Organe einwandern“, bestätigt auch Müller. „Sollten nur relativ wenige Immunzellen durch das Virus im Darm geprägt werden, könnte es ähnlich sein, wenn man das Darmimmunsystem einer SARS-CoV-2-Impfung aussetzt, sodass diese möglicherweise nicht zu systemischer Immunität führt.“ Das würde bedeuten, dass Schluckimpfungen keine Alternative zu Vakzinen sein könnten, da ihre Wirksamkeit nicht ausreichend gegeben wäre.
Noch immer zu wenig über Covid-19 bekannt
Die Forschenden betonen aber weiters, dass die neuen Erkenntnisse nur ein weiterer Puzzleteil in der Forschung um die Coronavirus-Erkrankung Covid-19 seien. Daher sei mehr Forschung notwendig, um die Bedeutung der Ergebnisse aus der Studie besser zu verstehen: „Unsere Studie trägt zu unserem Verständnis der menschlichen Immunantwort auf die SARS-CoV-2-Infektion bei, aber wir können manche Fragen über die im Darm eingeprägten Immunzellen noch nicht endgültig beantworten. Die Auswertung von Proben aus Darm und Lunge wird uns helfen, diese wichtige Frage zu beantworten“, fasst Zundler zusammen.
SARS-CoV-2: Neue Erkenntnisse sprechen gegen Schluckimpfung - Healthnews
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