Zusammenhang zwischen Zahnfleischschwund und Demenz
Parodontitis ist nicht nur eine der häufigsten chronischen Erkrankungen der Mundhöhle, sondern auch ein Risikofaktor für Alzheimer, wie ein deutsches Forschungsteam in einer aktuellen Studie bestätigt. Die frühe und konsequente Behandlung des Zahnfleischschwundes könnte das Risiko für Demenz senken.
Forschende der Universität Greifswald deckten im Rahmen einer aktuellen Studie einen Zusammenhang zwischen Parodontitis und Demenz auf. Diejenigen, die unter einer chronischen Zahnfleischerkrankung leiden, scheinen auch ein höheres Risiko für die Entwicklung einer Demenz zu haben, gegenüber Personen, die nicht unter Parodontitis leiden. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal „Alzheimer’s & Dementia“ vorgestellt.
Volkskrankheit Parodontitis
Parodontitis, also eine dauerhafte Entzündung des Zahnhalteapparates, zählt zu den häufigsten chronischen Erkrankungen weltweit. Allein in Deutschland leiden über 11 Millionen Personen unter einer schweren Form der Parodontitis. Nach Karies ist Parodontitis die zweithäufigste Erkrankung im Bereich der Mundhöhle.
Folgen einer Parodontitis
Eine unbehandelte Parodontitis kann zu Zahnverlust führen und Auswirkungen auf die gesamte Gesundheit haben. Da die Erkrankung weitgehend schmerzfrei verläuft, wird sie oftmals erst spät erkannt und behandelt. Die Forschenden vergleichen die Parodontitis mit einem Eisberg – der Großteil der Auswirkungen findet im Verborgenem statt.
Zahnerkrankungen beeinflussen die allgemeine Gesundheit
Der Einfluss von Zahnerkrankungen auf die Allgemeingesundheit wird bereits seit Jahrzehnten erforscht. Entzündlicher Zahnfleischschwund, an dem je nach Altersgruppe zwischen 15 und 45 Prozent aller Personen hierzulande leiden, wurde bereits mit einem erhöhten Risiko für Herzerkrankungen in Verbindung gebracht. Jetzt haben die Forschenden der Universitätsmedizin Greifswald den bereits vermuteten Zusammenhang zwischen Alzheimer und Parodontitis bestätigt.
Fortschrittliche Statistik ermöglichte den Nachweis
„Es ist sehr schwierig, methodisch aussagekräftige Studien zu den Auswirkungen von Parodontitis, eine häufige schwere Form der Zahnfleischerkrankung, durchzuführen“, berichtet Dr. Christian Schwahn von der Poliklinik für zahnärztliche Prothetik, Alterszahnheilkunde und medizinische Werkstoffkunde. Erst kürzlich entwickelte statistische Modelle hätten solche Nachweise möglich gemacht.
Moderater bis starker Zusammenhang
„So konnte erstmals der Zusammenhang zwischen der Behandlung von Zahnfleischerkrankungen und beginnender Alzheimer-Krankheit in einem quasi-experimentellen Modell von 177 parodontal behandelten Patienten der Greifswalder GANI-MED-Studie (Greifswald Approach to Individualized Medicine) und 409 unbehandelten Teilnehmern aus der SHIP-Studie analysiert werden“, erklärt der Zahnmediziner. Insgesamt wurde der Zusammenhang zwischen Alzheimer und Parodontitis als moderat bis stark bewertet.
Parodontitis-Behandlung bremste Verlust von Gehirnsubstanz
MRT-Daten der Teilnehmenden dienten dabei als Indikator für eine beginnende Alzheimer-Krankheit. Anhand der Daten konnte das individuelle Maß für den Alzheimer-typischen Verlust an Gehirnsubstanz gemessen werden. Durch den Vergleich der verschiedenen Teilnehmenden konnte gezeigt werden, dass eine vorgenommene Behandlung der Parodontitis den Verlust der Gehirnsubstanz minderte.
Bemerkenswerte Ergebnisse
„Diese Ergebnisse sind insofern bemerkenswert, als dass die Parodontitis-Patienten zum Zeitpunkt der MRT-Untersuchung jünger als 60 Jahre waren und die Beobachtungszeit zwischen der zahnärztlichen Behandlung und der MRT-Untersuchung bei den Patienten im Durchschnitt bei 7,3 Jahren lag“, resümieren die Co-Autoren der Studie Professor Thomas Kocher und Professor Hans J. Grabe.
Prävention von Alzheimer durch Parodontitis-Behandlung
„Unser Ansatz liegt klar in der Prävention und rechtzeitigen Behandlung der Zahnfleischerkrankung, die durch eine Vielzahl von Keimen ausgelöst werden kann, um derartige mögliche Folgeschäden im Vornherein zu verhindern“, betont Kocher.
Ein anderer Ansatz wird den Forschenden zufolge gerade in einer amerikanischen Forschungsarbeit getestet. Dabei wird der ins Gehirn eingewanderte Leitkeim der Parodontitis durch Medikamente bekämpft. „Wir werden auch künftig in diesem Bereich auf Beobachtungsstudien, die eine kontrollierte klinische Studie simulieren, setzen müssen“, unterstreicht Dr. Christian Schwahn. Eine klinische Studie mit einer Placebo-Behandlung sei aus ethischen und medizinischen Gründen in diesem Bereich nicht durchführbar. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
Autor:
Diplom-Redakteur (FH) Volker Blasek
Quellen:
- Universität Greifswald: Greifswalder Studie bestätigt: Zahnfleischschwund fördert Demenzrisiko – Vorsorge und rechtzeitige Behandlung von Parodontitis wichtig (veröffentlicht: 04.06.2021), uni-greifswald.de
- Christian Schwahn, Stefan Frenzel, Birte Holtfreter, et al.: Effect of periodontal treatment on preclinical Alzheimer's disease-Results of a trial emulation approach; in: Alzheimer’s & Dementia, 2021, alz-journals.onlinelibrary.wiley.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.
Parodontitis erhöht das Demenz-Risiko - Heilpraxisnet.de
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