Eine HIV-Infektion ist zurzeit nicht heilbar, weil das Virus sein in DNA umgeschriebenes Erbgut in die DNA infizierter CD4+-Zellen integriert. Ruhende infizierte CD4+-Zellen bilden ein Reservoir für HIV im Körper, das von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) und zytotoxischen T-Zellen (CD8+-Zellen) nicht erkannt wird und damit der Immunabwehr entgeht. Bislang hat die HIV-Forschung noch keinen Weg gefunden, um diese ruhenden Zellen aus der Reserve zu locken und sie so einer Therapie zugänglich zu machen.
Ein möglicher Ansatz, über den jetzt ein Autorenteam um Dr. Devi SenGupta von der Firma Gilead im Fachjournal »Science Translational Medicine« berichtet, ist die Aktivierung der infizierten CD4+-Zellen durch einen Agonisten am Toll-like-Rezeptor TLR7. TLR können Bakterien, aber auch virusinfizierte oder entartete Zellen erkennen und die Aufmerksamkeit des angeborenen Immunsystems auf sie richten. Sie werden zurzeit als Targets in der Infektiologie und Onkologie intensiv beforscht, auch ganz aktuell bei Covid-19. In Tierexperimenten konnte gezeigt werden, dass die Gabe eines TLR7-Agonisten in Kombination mit anderen Medikamenten bei Affen, die mit dem HIV-ähnlichen simianen Immundefizienzvirus (SIV) infiziert waren, zu einer dauerhaften Kontrolle der Infektion führt.
Gilead hat den TLR7-Agonisten Vesatolimod in der Entwicklung. In der aktuellen Phase-Ib-Studie wurde er bei sogenannten Controllern mit Placebo verglichen. Das sind HIV-Patienten, bei denen die Infektion vergleichsweise lange nicht fortschreitet, obwohl sie keine Medikamente einnehmen. Irgendwann brauchen aber auch sie eine antiretrovirale Kombitherapie (ART). Die 25 Teilnehmer der Studie befanden sich in diesem Stadium; sie waren stabil auf eine ART eingestellt. Diese Basistherapie wurde in der Studie beibehalten, während 17 Probanden zusätzlich über zehn Wochen einmal wöchentlich eine Dosis Vesatolimod erhielten und acht stattdessen ein Placebo.
Nach zehn Wochen wurden sowohl die ART als auch das Prüfmedikament abgesetzt. Die Erwartung der Studienverantwortlichen war, dass es nun in der Verumgruppe länger dauern würde, bis die Viruslast wieder auf mehr als 50 Kopien/ml angestiegen war. Dies war aber nur geringfügig der Fall: In der Verumgruppe dauerte es durchschnittlich 4,3 Wochen, in der Placebogruppe 4,0 Wochen.
Dennoch sehen die Autoren positive Signale. So seien unter Vesatolimod verstärkt Interferone ausgeschüttet sowie NK- und zytotoxische T-Zellen aktiviert worden. Zudem sei die Zahl der CD4+-Zellen, in denen ganze Virusgenome eingebaut waren, zurückgegangen. Es seien nun größere Studien erforderlich, um den Stellenwert von Vesatolimod als Teil einer ART zur Langzeitkontrolle der HIV-Infektion zu ermitteln.
TLR7-Agonist Vesatolimod: Interessanter Ansatz bei HIV-Infektion - Pharmazeutische Zeitung online
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