- Heuer wurden laut Sanitätseinheit in Südtirol 10 neue Infektionsfälle mit HIV registriert. Das entspricht der gesamtstaatlichen Tendenz, welche eine leichte Abnahme der Ansteckungen zeigt. Leider wird einer von zwei Fällen erst diagnostiziert, wenn die Krankheit schon weit fortgeschritten ist. „Daher ist mehr Information zu diesem Thema nötig, um richtige Verhaltensweisen zu fördern und eine frühe Diagnose der Krankheit zu erleichtern. Das gilt vor allem für junge Menschen zwischen 20 und 35 Jahren, die zu der am meisten betroffenen Gruppe gehören“, unterstreicht Caritas-Direktor Paolo Valente. „Während es bei der Behandlung und medizinischen Versorgung der Krankheit bedeutende Fortschritte gegeben hat, können wir das vom gesellschaftlichen Gesichtspunkt her nicht sagen. Vorurteile und Diskriminierung verleiten Menschen noch immer dazu, sowohl das Risiko zu unterschätzen und als HIV-Infizierte ein Schattendasein zu führen, worunter auch Freundschaften und Beziehungen leiden.“
Mitarbeiter der Caritas-Dienste, die seit Jahren aktiv gegen die Krankheit des HIV-Virus ankämpfen, und zwar sowohl was die Prävention betrifft, als auch die Begleitung der betroffenen Menschen, können davon ein Lied singen. „Auch heute noch wird die Infektion mit dem HIV-Virus als diskriminierend erlebt und beeinflusst den gesellschaftlichen Kontext, in dem diese Menschen leben“, sagt Patrizia Federer, Verantwortliche von Bahngleis 7, der niederschwelligen Caritas-Anlaufstelle, die sich nicht nur um Drogenabhängige kümmert, sondern die Menschen auch in der Vorbeugung gegen Infektionskrankheiten unterstützt. Neben der Ausgabe von sterilen Einwegmaterialien und Materialien für die Prophylaxe legt man bei Bahngleis 7 Wert auf Beratung über die Risiken, die durch bestimmte Verhaltensweisen entstehen: „Zusammenhängend mit dem Drogenkonsum kommt es oft zu enthemmtem Verhalten. Die Anzahl dieser Beratungen belief sich in den vergangenen 20 Jahren auf ca. 63.000. Dazu gehören auch die Einladungen, sich einem HIV-Test zu unterziehen, um die Gesundheit dieser Menschen und der Gesellschaft wahren zu können. Dieser Test wurde in der Zeit der Einschränkungen unter Wahrung der Anonymität direkt im Dienst angeboten, um der Scham entgegenzuwirken und Verzögerungen zu vermeiden, sich an einen Gesundheitsdienst zu wenden.“
„Gleichzeitig mit der Überwindung der Vorurteile ist es auch notwendig, Auswege aus der Nicht-Sichtbarkeit zu finden, was in dieser Zeit des gesundheitlichen Notstandes noch wichtiger geworden ist“, bestätigt Pierpaolo Patrizi, Psychologe und Psychotherapeut, der für den Caritas-Dienst Iris verantwortlich ist und seit fast 30 Jahren Menschen, die mit dem HIV-Virus leben, begleitet. Eine Gruppe von Freiwilligen dieses Dienstes trifft sich mit Betroffenen zu Hause oder in Einrichtungen, in denen sie leben, unterstützt sie durch psychotherapeutische Sitzungen und Musiktherapie oder besucht sie auf den Infektionsabteilungen, sofern es die pandemiebedingten Vorschriften erlauben. „Für uns steht die menschliche Beziehung im Vordergrund: es ist die Grundlage für die Zusammenarbeit mit anderen Diensten in unserem Land. Die Herausforderung für die Zukunft wird es sein, die jungen Menschen zu erreichen, die mit dem Virus in Kontakt kommen“.
Der Dienst Iris arbeitet eng mit dem Haus Emmaus zusammen, einer Wohneinrichtung der Caritas für HIV-positive oder an Aids erkrankte Menschen. Momentan werden dort 14 Betroffene beherbergt. „Im Allgemeinen wird das Virus durch Geschlechtsverkehr weitergegeben. Der HIV-Test wird leider auch heute noch, sei es aus Scham oder Desinformation, oft zu spät gemacht“, erzählt Katiuscia Cabras, Verantwortliche der Einrichtung. In dieser wird den Menschen Unterstützung geboten, die über die rein medizinisch-gesundheitliche Ebene hinausgeht. Hier finden Frauen und Männer, die sich mit dem Virus infiziert haben, ein Dach über dem Kopf und die menschliche Wärme, die sie brauchen, um eine heikle Lebensphase zu bewältigen, die von der Krankheit geprägt ist, auch in ihrer Endphase. Das Personal bietet ihnen psychologische und pädagogische Unterstützung, die ihnen auch hilft, ihre Freizeit durch Workshops oder Aktivitäten im Freien zu strukturieren, z. B. durch die Pflege des Gemüsegartens oder die Mitarbeit bei anderen Aktivitäten rund um das Huas. Auf diese Weise gewinnen sie allmählich die Würde zurück, die verloren gegangen zu sein schien, und geben ihrem Leben wieder einen Sinn, auch wenn der Neuanfang schwierig erscheint“, sagt Cabras.
Das Thema HIV und AIDS benötige viel mehr Aufmerksamkeit, umso mehr, als sich im Moment alles auf das Corona-Virus konzentriert. Diese Dienste, die sich speziell um die Aufnahme und Begleitung der HIV-positiven und an Aids erkrankten Menschen kümmern sind um Information, Vorbeugung und Screening bemüht. Die Caritas nimmt diesen Tag der Sensibilisierung zum Anlass, ihren Einsatz für eine umfassende und durchdachte Antwort auf die Bedürfnisse im Zusammenhang mit HIV zu verstärken und dadurch zur Bekämpfung dieser Krankheit beizutragen.
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