Psychische Erkrankungen: Das asymmetrische Gehirn
Pierre Flor-Henry staunte nicht schlecht, als er 1969 in seinem Londoner Labor die Anfallsherde seiner Epilepsiepatienten genauer untersuchte. Der kanadische Psychiater hatte eine Studie über den Zusammenhang zwischen Krampfanfällen und Psychosen durchgeführt. Eigentlich ging es ihm darum, eine alte Hypothese zu widerlegen, nämlich die, dass sich beide gegenseitig ausschließen würden. Nun entdeckte er ein verblüffendes Muster: Psychosen und Epilepsie traten immer dann gemeinsam auf, wenn die Anfälle von der linken Hirnhälfte ausgingen, nicht jedoch bei einem Ursprung in der rechten. Konnte es also sein, dass selektiv linksseitige Schäden das Risiko für Psychosen erhöhten?
Seit diesem bahnbrechenden Befund rätseln Fachleute weltweit darüber, ob die zwei Hemisphären unseres Denkorgans unterschiedliche Rollen bei der Entstehung psychiatrischer Erkrankungen spielen. Vieles spricht dafür, wie eine weitere wegweisende Studie aus den frühen 1990er Jahren zeigt: Der amerikanische Verhaltensneurologe Kenneth M. Heilman von der University of Florida hatte bei seinen Studien zur Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bemerkt, dass Menschen mit Defekten auf der rechten Hirnseite deutlich häufiger Aufmerksamkeitsprobleme hatten als jene, bei denen die linke Seite betroffen war. Basierend auf diesen Beobachtungen stellte Heilman die Theorie auf, dass ADHS eine Störung der rechten Hirnhälfte sei – was die Forschung dazu nachhaltig beeinflusste.
Die Asymmetrie des Gehirns ist bei psychischen Erkankungen vermindert - Spektrum.de
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