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Tuesday, September 13, 2022

Gefährdungsbeurteilung im Dentallabor – ZWP online – das Nachrichtenportal für die Dentalbranche - ZWP Online - Das Nachrichtenportal für die Dentalbranche

Gefährdungsbeurteilung im Dentallabor

Foto: Illustration: © Ollyy/Shutterstock.com

Das Thema Arbeitssicherheit wird sowohl von Laborinhabenden als auch deren Mit- arbeitenden in der Regel meist schulterzuckend und stiefmütterlich behandelt, ist aber ein wichtiges und essenzielles Thema, was nicht vernachlässigt werden sollte.

Die Gefährdungsfaktoren in der Zahntechnik müssen zwar von jedem Betriebsinhaber in der Gefährdungsbeurteilung erfasst werden, jedoch ist beispielsweise der Umgang mit verschiedenen Arten von Staub oder anderen Gefahrstoffen für jeden Zahntechniker so alltäglich, dass sich viele im Laboralltag kaum mehr Gedanken darüber machen. Zahntechniker fallen bei ihrer Arbeit in der Regel nicht von Dächern oder erleiden tödliche Verletzungen, sodass sie eine Bedrohung der eigenen Gesundheit oft nicht ausreichend wahrnehmen. Im zahntechnischen Bereich treten die Folgen einer nicht sicheren Arbeitsweise in der Regel erst später auf. Aus diesem Grund sollte der Arbeitssicherheit viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, um die eigene Gesundheit und die der Kollegen nachhaltig zu schützen.

Biologische Arbeitsstoffe

Im Labor gehört der Kontakt mit sogenannten biologischen Arbeitsstoffen – also z. B. Bakterien, Viren, Pilzen – zum Alltag. Kann man sich denn sicher sein, ob beispielsweise Abdrücke, Bissschablonen oder Gesichtsbögen ordnungsgemäß desinfiziert wurden, bevor die Praxis diese zurück ins Labor schickt? Oder kann man wissen, ob der Patient, der die Prothese zum Reparieren bringt, mit Hepatitis infiziert ist? Deshalb sind entsprechende Hygieneregeln vorgeschrieben, die in der TRBA 250 (Technische Regel Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und der Wohlfahrtspflege) zu finden sind. Dort werden neben regulären Mindestschutzmaßnahmen – wie der Einrichtung ordnungsgemäßer Handwaschplätze, Desinfektionseinrichtungen, Oberflächenbehandlung der Arbeits­tische sowie Hautschutz und -pflege – auch Maßnahmen für den Kontakt mit infektionserregerhaltigen Aerosolen beschrieben. Dazu zählt das notwendige Tragen einer Schutzbrille sowie FFP2-Masken.

Mechanische Gefährdungen

Ebenfalls zu erwähnen sind die mechanischen Gefährdungen, zum Beispiel die erhebliche Rutschgefahr durch Spritzwasser oder Kunststoffkrümel auf glatten Böden. Auch rotierende Instrumente wie Poliermaschinen, Fräsgeräte oder das Handstück zum Ausarbeiten sowie die unliebsamen Begegnungen mit gebrochenen und umherfliegenden Trennscheibenfragmenten gehören zu den Gefährdungsrisiken. Da ergibt das Tragen der vorgeschriebenen Schutzbrille richtig Sinn. Das gilt für alle Schleifarbeiten, denn Metallspäne oder Kunststoffteile landen ohne Brille schnell im Auge. Die Gefahren beim Schleifen sind grundsätzlich nicht zu unterschätzen, denn ein Ausrutschen oder Verkanten kann zu heftigen Verletzungen an den Händen führen. Gutes Abstützen und höchste Aufmerksamkeit sind diesbezüglich unbedingt geboten. Auch das Zusammenbinden von langen Haaren ist nicht nur von Vorteil, sondern auch Vorschrift. Man mag sich nicht vorstellen, was passiert, wenn sich die Haartracht bei 2.800 Umdrehungen pro Minute in der Poliermaschine verfängt.

Gefahrstoffe

In einer Umfrage des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V. wurden laute Absaugungen häufig als einer der Stressfaktoren genannt und bleiben deshalb lieber ausgeschaltet. Das kann sich als fataler Fehler herausstellen, denn solche Stoffe können der Gesundheit schaden, indem sie durch die Atmung aufgenommen werden. Dazu gehört beispielsweise Staub verschiedenster Art, aber auch Monomere der Kunststoffverarbeitung. In der Gefahrstoffverordnung ist verankert, dass die Gefährdungen durch Einatmen und Hautkontakt in der Gefährdungsbeurteilung bewertet werden. Die Berufsgenossenschaft BG ETEM hat dazu ein Muster-Gefahrstoffverzeichnis erstellt, in dem unter anderem die einzelnen Hersteller und Produkte, deren Inhaltsstoffe, Hinweise zu Datensicherheitsblättern gelistet sind. Die notwendigen Schutzmaßnahmen müssen vom Arbeit­geber nach dem STOP-Prinzip, also deren Rang- bzw. Reihenfolge festgelegt werden:

Substitution: Tätigkeiten mit Gefahrstoffen sind zu vermeiden. Diese sollen, wenn immer möglich, durch ungefährliche Stoffe bzw. durch entsprechend andere Verfahren ersetzt werden. Beispielsweise lässt sich der Einsatz von PMMA bei Reparaturen oder Unter­fütterungen bis jetzt nicht ersetzen. Bei der Herstellung von Vollprothesen dagegen ist es mittlerweile möglich, durch digitale Fertigung, also die Substitution des Verfahrens, den direkten Kontakt mit Monomer zu vermeiden.

Technische Maßnahmen: Wenn ein Stoff nicht ersetzt werden kann – wie beispielsweise das PMMA – müssen technische Maßnahmen ergriffen werden. Wegen der giftigen Monomerdämpfe sind somit z. B. geeignete und funktionierende Absaugeinrichtungen erforderlich. 

Organisation: Darunter fallen Regelungen, um Arbeitsprozesse gesünder und sicherer zu gestalten. Im Sinne des PMMA-Beispiels: Könnte ein besonders gut belüfteter Raum mit spezieller Absaugung nur zum Anrühren von Kunststoffen geschaffen werden.

Personenbezogene Schutzausrüstung: Um PMMA-Spritzer in die Augen oder Hautkontakt bei der Verarbeitung zu verhindern, gehören Schutzbrillen sowie Nitrilhandschuhe unbedingt zur persönlichen Schutzausrüstung von Zahntechnikern, die mit der Kunststoffverarbeitung beschäftigt sind.

Die psychischen Faktoren

Psychische Belastungen sind alle erfassbaren Einflüsse, die von außen auf Menschen einwirken. Diese müssen seit 2013 in allen Betrieben in der eigens zu erstellenden psychischen Gefährdungsbeurteilung festgehalten werden. Dabei geht es nicht um die geistige Verfassung der Mitarbeitenden, sondern darum, möglichst gemeinsam im Team folgende Bereiche zu bewerten und Lösungen zu finden:

  • Arbeitsinhalt/Arbeitsaufgabe (z. B. Vollständigkeit der ­Aufgabe, Handlungsspielraum)
  • Arbeitsorganisation (z. B. Arbeitszeiten, ­Arbeitsunterbrechungen)
  • Soziale Beziehungen (z. B. Anzahl sozialer Kontakte, soziale Unterstützung, Qualifikation der Führungskräfte)
  • Arbeitsumgebung (z. B. Lärm, Beleuchtung, Ergonomie) und 
  • Neue Arbeitsformen (z. B. Mobilität, atypische Arbeits­verhältnisse, zeitliche Flexibilisierung).

Seit dem Ausbruch der Pandemie muss auch die psychische Gefährdungsbeurteilung neu angepasst werden – Vordrucke und Handlungshilfen finden sich auf den Seiten der Berufs­genossenschaften. Leider ist dieses Thema noch immer den wenigsten Arbeitgebern bekannt. Damit verschenken sie aber ein wunderbares Werkzeug, die Mitarbeiterzufriedenheit und den Zusammenhalt im Team zu stärken. Die psychische Gefährdungsbeurteilung ist aber keine „Kür“, sondern eine sinnvolle Vorschrift des Gesetzgebers und somit Pflicht, um Überlastungen vorzubeugen! Die Ergebnisse einer Online-Umfrage zum Thema Stress in der Zahntechnik aus dem Jahr 2019 vom Verband medizinischer Fachberufe e.V. zeigen die außer­ordentliche Brisanz der Thematik.

Physikalische Einwirkungen

Zahntechniker sind im Arbeitsalltag zudem verschiedenen physikalischen Einwirkungen ausgesetzt. Dazu gehört Lärm, der von unterschiedlichen Geräten wie der Absauganlage oder Poliermotoren verursacht werden kann. Mittlerweile bieten manche Hersteller geräuscharme Absaugsysteme an und es ist sicherlich besser, wenn sich der Arbeitsplatz nicht direkt neben dem Poliermotor befindet. Aber auch das laute Radio oder permanente Schleifgeräusche können ein entscheidender Faktor sein. Bei anhaltendem Lärm sollte daher unbedingt ein Gehörschutz getragen werden. Dass beim Lasern eine Schutzbrille getragen werden muss, sollte zudem selbstverständlich sein, um durch das gebündelte Licht keine Augenschäden davonzutragen. Auch das Karpaltunnelsyndrom sollte nicht unterschätzt werden: Dieses kann eine Folge der permanenten Vibrationen beim Schleifen mit dem Handstück sein. Taubheitsgefühle, Schmerzen und Kraftlosigkeit in der Hand sind Symptome, die ärztlich abgeklärt und entsprechend therapiert werden sollten. Das Karpaltunnelsyndrom (KTS) wird seit 2003 in der Europäischen Berufskrankheitenliste geführt und besetzte im Jahr 2001 Rang 6 der in der Europäischen Union anerkannten Berufskrankheiten.

Deshalb gilt: Bewusstsein stärken!

Es gäbe noch zahlreiche Beispiele, was Zahntechnikern bei ihrer täglichen Arbeit passieren kann. Deshalb gilt es, das Bewusstsein dafür zu stärken, um mit Gefährdungen sinnvoll umzugehen und die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Zudem sorgt die zunehmende Digitalisierung von bestimmten Arbeitsprozessen für die Verbesserung der Arbeitssicherheit. Arbeitgeber, die ihre Mitarbeitenden wertschätzen, halten sich an die Vorschriften, weil für sie der Schutz der Gesundheit oberste Priorität haben sollte. Gesunde Mitarbeiter, die sich wertgeschätzt fühlen, arbeiten motivierter und damit effizienter, sodass die zusätzlichen Kosten durch den Arbeitsschutz schnell ausgeglichen sind. Und als Mitarbeiter muss ich mir das einfach selbst wert sein. Nicht mehr, aber auch nicht weniger!

Autorin: Karola Will, Verband medizinischer Fachberufe e.V.| Referatsleitung Zahntechnik www.vmf-online.de

Der Artikel ist unter dem Originaltitel „Oft vernachlässigt, aber wichtig: ­Gefährdungsbeurteilung im Dentallabor“ in der ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.

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