Hikikomori: Mögliche Ursachen
Die Ursachen des Hikikomori-Syndroms sind Japanologen*Japanologinnen zufolge zu vielschichtig, als dass man sie klar identifizieren könnte. Vermutlich ist ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren für die totale Isolation der Betroffenen verantwortlich.
Einer internationalen Jugendstudie zufolge sind in Japan lebende Jugendliche im internationalen Vergleich gerne in Gesellschaft. In Kontakt mit Mitmenschen fühlen sie sich im Durchschnitt glücklicher als allein. Warum ist Hikikomori in Japan dennoch weit verbreitet? Diverse Studien liefern mögliche Antworten.
Hikikomori als Ausdruck der Versagensangst?
Soziale Akzeptanz hat in Japan einen hohen Stellenwert. Die gewünschten Erwartungen zu erfüllen, wird für junge Generationen jedoch zunehmend schwer. Die Wirtschaftskrise, die das Land seit 1990 betrifft, wirkt sich negativ auf den Arbeitsmarkt aus. Gute schulische Abschlüsse sind anders als zuvor keine Garantie mehr für einen gut bezahlten Job. Trotz dieser Veränderungen hält der Großteil der Gesellschaft an traditionellen Werten und Normen fest. Schlagen Jugendliche einen alternativen Lebensweg ein, wird dies öffentlich problematisiert.
Viele junge Menschen in Japan haben also mit der stetigen Unsicherheit des Arbeitsmarktes sowie mit gesellschaftlich hohen Ansprüchen zu kämpfen. Das führt zu einem hohen Druck und der Angst, zu versagen. Sie entziehen sich dem Konkurrenzkampf und geraten so an den Rand der Gesellschaft.
Begünstigt das japanische Familiensystem Hikikomori?
Die Familie gilt in Japan als besonders wichtige Sozialisationsinstanz. So ist in vielen Familien Japans eine enge Eltern-Kind-Bindung üblich. Auch bleiben Kinder oft bis ins höhere Erwachsenenalter zu Hause wohnen. Die Erziehung zur Selbstständigkeit steht meist nicht im Vordergrund. Eltern ermöglichen daher oft erst den Hikikomori-Zustand, in den ihre Kinder geraten – denn ohne ihre Unterstützung wäre die monate- oder jahrelange Isolation nicht möglich.
Bestimmte Grundeigenschaften können eine Rolle spielen
Zusätzlich gehen Fachleute davon aus, dass eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur die Entstehung der Störung begünstigt. So neigen vor allem Menschen mit
- einer introvertierten Persönlichkeit,
- einem geringen Selbstbewusstsein,
- Versagensängsten,
- und einem Hang zu Perfektionismus
dazu, das Hikikomori-Syndrom zu entwickeln. Folgende Gründe gaben Befragte in einer Studie selbst an:
- Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen
- Schwierigkeiten in der Schule oder im Job
- erfolglose Arbeitssuche
Fachleute leiten daraus ab, dass der soziale Rückzug als Vermeidungsstrategie dient: Betroffenen fehlt es an Strategien zur Konfliktbewältigung, weshalb sie den Rückzug als passiven Lösungsweg wählen. Denn durch die Abschottung wird zumindest öffentliches Scheitern vermieden. Hikikomori sehnen sich nach einem Ort, an dem sie für sich sein können und die vermeintliche Kontrolle haben. Diese Bedürfnisse erfüllt das eigene Zimmer.
Hikikomori: Jahrelange Isolation im eigenen Zimmer - Onmeda.de
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