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Monday, October 3, 2022

Potenzielle Gefahr durch Affenvirus SHFV - Erreger von hämorrhagischem Fieber bei Affen kann sich in menschlichen Zellen vermehren - scinexx.de - scinexx | Das Wissensmagazin

Auf dem Sprung: Ein bisher unter Affen grassierendes Virus könnte auch für Menschen gefährlich sein – und dann ein Ebola-ähnliches Fieber verursachen. Denn das Simian Hemorrhagic Fever Virus (SHFV) kann in menschliche Zellen eindringen und sich in ihnen vermehren, wie eine Studie enthüllt. In menschlichen Zellkulturen erreichte der Erreger hohe Viruslasten und schien gegen zelleigene Abwehrmechanismen weitgehend immun. Die Forscher schließen nicht aus, dass es in Afrika sogar schon unerkannte Fälle unter Menschen gibt.

Affen sind nicht nur unsere engsten Verwandten, sie teilen auch viele immunologische Merkmale mit uns Menschen. Dadurch gibt es viele Krankheiten und Erreger, die vom Affen auf den Menschen überspringen können und umgekehrt. So können sich Menschenaffen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 anstecken, der Aids-Erreger HIV wiederum sprang Anfang des 20. Jahrhunderts von Affen auf den Menschen über. Affenpocken wiederum haben zwar ihren Reservoirwirt in Nagetieren, können aber sowohl Affen als auch Menschen befallen.

Husarenaffen
Die in Zentralafrika verbreiteten Husarenaffen (Erythrocebus patas) sind wahrscheinlich die Hauptwirte des SHF-Virus, aber der Erreger befällt auch Rhesusaffen und andere Meerkatzenartige. © xtrekx/ Getty images

Erreger hämorrhagischer Fieber bei Affen

Einen neuen Kandidaten für den Artsprung vom Affen zum Menschen haben nun Cody Warren von der University of Colorado in Boulder und seine Kollegen identifiziert. Es handelt sich um das Simian Hemorrhagic Fever Virus (SHFV), einen zu den RNA-Viren gehörenden Erreger, der vor allem Rhesusaffen, Husarenaffen und andere Meerkatzenartigen befällt. Das auch als Deltaarterivirus bezeichnete Virus kann ähnlich wie Ebola ein schweres hämorrhagisches Fieber auslösen und zum Tod führen.

Das Bedenkliche daran: Auch in Primatenstationen wurden schon Ausbrüche gemeldet und 2021 stellten Wissenschaftler fest, dass das SHF-Virus auch Schimpansen und Gorillas befallen kann – die nächsten Verwandten der Menschen. Zudem hat der Erreger wie die meisten RNA-Viren eine relativ hohe Mutationsrate und kann bei manchen Affenarten auch langanhaltende, asymptomatische Infektionen verursachen. „Es ist daher wichtig herauszufinden, ob diese Affen-Viren auch das Potenzial für die Infektion des Menschen besitzen“, betonen Warren und sein Team.

Infektion über intrazellulären Andockstelle

Für ihre Studie ermittelten die Forschenden zuerst, welche Andockstellen das SHF-Virus für seine Infektion nutzt. Vergleiche anfälliger und nichtanfälliger Zellen und Versuche mit genetisch veränderten Affenzellen ergaben, dass das Affenvirus ähnlich wie Ebola, Lassa und andere Erreger hämorrhagischer Fieber einen intrazellulären Rezeptor für die Infektion nutzt. Dafür lässt sich das Virus zunächst von der Zellmembran umschließen, so dass es in einem Membranbläschen nach innen abgeschnürt wird.

„Nachdem diese Viren in die Zelle eingedrungen sind, docken sie an Rezeptoren an, der an der Membran der Endosomen sitzen“, erklären die Wissenschaftler. Erst dieses Andocken ermöglicht es dem Virus, die Membranbläschen zu verlassen und das Cytoplasma zu erreichen. In den Zelltests zeigte sich, dass das SHFV dafür den Rezeptor CD163 als intrazelluläre Andockstelle nutzt – einen Rezeptor, der bei Affen, Menschenaffen und auch dem Menschen vorkommt.

Kompatibel auch mit menschlichem Rezeptor

Weitere Versuche zeigten, dass das Affenvirus auch die CD163-Andockstellen von Menschenaffen und Menschen nutzen kann: „Wir haben festgestellt, dass das Simian Hemorrhagic Fever Virus voll kompatibel mit allen getesteten Menschenaffen-CD163-Varianten ist“, berichten Waren und sein Team. „Dies schließt die menschliche Variante von CD163 mit ein, die eine robuste Replikation von SHFV erlaubte.“ Typischerweise kommen diese Andockstellen vor allem in Makrophagen vor, den Fresszellen des Imunsystems.

„Diese Funde sind bedeutsam, denn sie bestätigen, dass SHFV die erste Hürde eines erfolgreichen Artsprungs zum Menschen schon genommen hat: Die SHFV-Virionen können in Zellen eindringen, die die menschliche CD163-Variante besitzen“, konstatieren die Forschenden. Als nächstes untersuchten sie an zwei menschliche Zelllinien, ob das Affenvirus sich in der menschlichen Zellumgebung auch vermehren und den zelleigenen Abwehrmechanismen widerstehen kann.

Starke Vermehrung in menschlichen Zellen

Das Ergebnis: Das SHF-Virus kann sich in menschlichen Zellen vermehren – teilweise sogar in hohem Maße: „Das Wildtyp-SHFV zeigte in den Zellen aus dem menschlichen Nierenepithel die gleichen Replikations-Dynamiken und Virustiter, wie sie in den anfälligsten Affenzelllinien auftreten“, berichten Warren und seine Kollegen. Die Viruslast lag in der menschlichen Zellkultur bei mehr als zehn Millionen infektiöser Virionen pro Milliliter.

Dies demonstriert, dass das Affenvirus SHFV auch in Bezug auf seine Vermehrung bereits an menschliche Zellen angepasst ist. „Das Virus hat herausgefunden, wie es in menschliche Zellen eindringen und sich dort vermehre kann“, sagt Seniorautorin Sara Sawyer von der University of Colorado. „Außerdem kann es wichtigen zelleigenen Immunmechanismen ausweichen, die uns eigentlich vor einem solche Tiervirus schützen müssten – das ist ziemlich selten.“

„Sorge für die globale Gesundheit“

Nach Ansicht des Forschungsteams könnten diese Viren eine reale Gefahr bedeuten: „Unsere Ergebnisse wecken Besorgnis für die globale Gesundheit und die Pandemie-Prävention“, schreiben sie. „Es ist möglich, dass Menschen in Afrika schon unerkannt mit solchen Viren infiziert worden sind.“ Dies gelte umso mehr, als dass das Simian Hemorrhagic Fever Virus nur eines von mehreren eng verwandten Viren bei Affen ist.

„Angesichts der Tatsache, dass mindestens drei dieser Affen-Arteriviren nach dem Artsprung auf Makaken tödliche Infektionen ausgelöst haben und dass der Mensch gegenüber diesen Viren immunologisch vollkommen naiv ist, müssen wir dringend serologische Tests für die Überwachung entwickeln.“ Allerdings betonen Warren und seine Kollegen auch, dass bisher nicht klar ist, wie schwer eine SHFV-Infektion beim Menschen verlaufen würde. (Cell, 2022; doi: 10.1016/j.cell.2022.09.022)

Quelle: University of Colorado at Boulder

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