So funktioniert der Placeboeffekt: Was die Wissenschaft sagt
Dass die Verbindung zwischen Körper und Geist mitunter stärker ist, als manche glauben mögen, verdeutlicht die scheinbar geisterhafte Wirkung von sogenannten Placebos auf Heilungs- und Genesungsprozesse in unserem Körper. Placebos, also Scheinmedikamente oder Scheintherapien ohne Wirkstoffe oder Wirkweisen, haben nämlich das Potenzial, bestimmte Krankheitsbedingte Symptome zu lindern. Ein klassisches Beispiel etwa ist die Homöopathie, bei der kleine wirkstofflose Zuckerkügelchen verabreicht werden, um Schmerzen zu lindern, zu beruhigen oder andere körperliche und psychische Beschwerden aufzulösen.
So unwissenschaftlich Scheinmedikamente und -behandlungen auch klingen, Placebos sind aus der Wissenschaft nicht wegzudenken. In allen ernstzunehmenden Studien zur Zulassung neuer Medikamente etwa treten Placebos auf. In den Studien werden die Teilnehmenden in der Regel in mindestens zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe erhält das zuzulassene Medikament mit dem echten Wirkstoff, die sogenannte Kontrollgruppe bekommt lediglich ein wirkstoffloses Placebo. So können Forschende kontrollieren, ob Behandlungserfolge auf einen Wirkstoff zurückzuführen sind, oder andere, noch unentdeckte Ursachen haben.
Und wie funktioniert’s?
Placebos setzen auf die positive Erwartungshaltung der Betroffenen und sprechen damit die Verbindung zwischen Körper und Geist an. Denn so wie wir über eine Behandlung, ein Medikament oder eine medizinische Maßnahme denken, was wir uns davon versprechen und wie sie auf bestimmte Bereiche unseres Körpers wirken können, kann direkten Einfluss auf das gewünschte Ergebnis haben. Der Placeboeffekt wirkt als psychosozialer Effekt. Das heißt, von Dingen, die wir bei anderen Menschen als wirksam und hilfreich beobachtet haben, erwarten wir ebenfalls positive Wirkungen. Auch Konditionierung spielt eine Rolle. Wenn bestimmte Dinge bereits in der Vergangenheit halfen, werden sie oder ähnliche Dinge auch in der Zukunft helfen.
So hilft es etwa ungemein, um dicke Krokodilstränen zu trocknen und Schmerzen zu stillen, wenn Mama oder Papa sanft auf aufgeschürfte Kinderknie pusten, oder Ärzte und Ärztinnen uns im Krankenhaus genau erklären, wie und in welcher Form der bevorstehende Eingriff unsere Beschwerden verbessern wird. Der Placeboeffekt wirkt wundersam, ist aber nur eine gezielte Aktivierung unserer positiven Erwartungshaltung.
3 Fakten über Placebos, die wirklich überraschend sind
Injizierte Placebos wirken besser solche in Tablettenform
Unsere positive Erwartungshaltung scheint sich tatsächlich sogar davon modellieren zu lassen, in welcher Form wir Placebos verabreicht bekommen. In Studien konnte bereits festgestellt werden, dass mit einer Spritze injizierte Placebos wirksamer sein können als solche in Tablettenform. Der Hintergrund: Die Studienteilnehmenden erwarteten von Spritzen eine größere Wirkung. Außerdem erfolgen durch den Einstich direkte Stimulationen, es kann beobachtet werden, wie die Placeboflüssigkeit in der Spritze – meist handelt es sich dabei um Kochsalz – in die Vene eindringt.
Placebos wirken selbst, wenn man weiß, dass es welche sind
Die „Magie“ des Placeboeffekts scheint nicht von der Unwissenheit der Betroffenen abhängig zu sein. In einer Studie von 2014 haben Forschende Migränepatienten und Migränepatientinnen in drei Gruppen eingeteilt. Der ersten Gruppe wurden Pillen mit echten Wirkstoffen verabreicht. Diese Pillen waren mit dem Medikamentennamen gelabelt. Die zweite Gruppe erhielt ein Placebo. Diese Pillen wurden tatsächlich als „Placebo“ gelabelt. Die dritte Gruppe bekam gar keine Medikamente. Es zeigt sich, dass das Placebo aus der zweiten Gruppe immer noch 50 Prozent so wirksam war, wie das Medikament aus der ersten Gruppe.
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Placebos wirken auch bei Tieren
Das Ergebnis dieser Forschung hat auch uns überrascht. Scheinbar funktionieren Placebos nämlich auch bei Tieren. Ein Forschungsteam untersuchte 2010 die Wirksamkeit eines antiepileptischen Medikaments für Hunde. Das Medikament mit dem Wirkstoff linderte Krampfanfälle bei 86 Prozent der Hunde. Das Placebo der Kontrollgruppe verbesserte Anfälle aber ebenfalls bei 79 Prozent der Tiere. Dass die flauschigen Fellnasen ihre eigene Erwartungshaltung hinsichtlich der positiven Effekte des verabreichten Mittels optimierten und das Placebo dadurch wirksam wurde, ist unwahrscheinlich. Die Forschenden gehen allerdings davon aus, dass das Placebo viel mehr unterbewusst auf die Halter und Halterinnen der Tiere wirkte. Sie sorgten sich während der klinischen Studie wahrscheinlich noch liebevoller um ihre kranken Tiere. Diese Extraportion Fürsorge kann mitunter schon ausreichen, damit es unseren strubbligen Fellfreunden etwas besser geht.
3 überraschende Fakten über den Placeboeffekt - Vital
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