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Wednesday, November 23, 2022

Infektiöse Proteine auch bei Down-Demenz - Down-Syndrom und Alzheimer sind sich ähnlicher als gedacht - scinexx.de - scinexx | Das Wissensmagazin

Erstaunlich ähnlich: Auch im Gehirn von Menschen mit Down-Syndrom können sich fehlgefaltete Amyloid-Beta- und Tau-Proteine anreichern. Wie bei der Alzheimer-Demenz können diese Plaques ihre Fehlfaltung auf andere Proteine übertragen – sie sind Prionen, wie nun Infektiositätstests mit Zellkulturen belegen. Das könnte erklären, warum Menschen mit Trisomie 21 oft früh an einer Demenz erkranken. Obwohl Alzheimer und diese Down-Syndrom-Demenz auf völlig andere Ursachen zurückgehen, sind die neurodegenerativen Mechanismen im Gehirn offenbar ähnlich.

Im Laufe einer Alzheimer-Demenz sterben Nervenzellen im Gehirn ab, wodurch die geistigen Fähigkeiten von Betroffenen zunehmend schlechter werden. Als Auslöser für die Krankheit gelten fehlgefaltete Amyloid-Beta (Aβ)- und Tau-Proteine, die sich als Plaques und Fibrillen im Hirn anreichern und die Kommunikation der Nervenzellen stören. Mittlerweile werden diese fehlgefalteten Proteine bei Alzheimer-Patienten als Prionen eingestuft, also als infektiöse Proteine, die normale Proteine in die gleiche fehlgefaltete Form zwingen können.

Prionen auch beim Down-Syndrom?

Doch Alzheimer ist nicht die einzige neurodegenerative Erkrankung, bei der fehlgefaltete Proteine im Spiel sind: Auch eine bei Menschen mit Down-Syndrom häufige Demenzform könnte auf solche Prionen zurückgehen. Etwa die Hälfte aller Menschen mit Trisomie 21 leidet nach dem 40. Lebensjahr an einem fortschreitenden, Alzheimer-ähnlichen Abbau von Gehirnzellen. Und auch bei ihnen bilden sich Plaques und Fibrillen aus Amyloid-Beta- und Tau-Proteinen. Doch bisher war unklar, ob diese Proteine ihre Fehlfaltung übertragen können.

Für ihre Studie haben daher Forschende um Carlo Condello von der University of California in San Francisco das infektiöse Potenzial von Proteinplaques der Down-Demenz näher untersucht. Dafür isolierten sie Amyloid- und Tau-Proteine aus Hirngewebeproben von 28 Verstorbenen mit Down-Syndrom sowie 14 Proben gesunder Kontrollpersonen. Die daraus gewonnen Proteinlösungen gaben sie in verschiedenen Verdünnungen zu menschlichen Zellkulturen.

Übertragbare Fehlfaltung auch bei Down-Demenz

Das Ergebnis: „Mit wenigen Ausnahmen haben wir eine robuste Infektiosität der Amyloid-Beta- und Tau-Prionen in nahezu allen Proben von Down-Patienten gemessen“, berichten Condello und ihre Kollegen. Die fehlgefalteten Proteine aus den Gewebeproben verursachten eine Fehlfaltung auch bei den Beta-Amyloid- und Tau-Proteinen der zuvor gesunden Zellkulturen. „Dies bestätigt, dass auch die Demenz beim Down-Syndrom eine doppelte Prionen-Erkrankung ist, wie Alzheimer“, so das Team.

In einem weiteren Test verglichen die Forschenden die Infektiosität der Prionen aus Hirnproben von 26 Down-Patienten mit Demenz mit denen von Menschen mit genetisch bedingter, früh einsetzender Alzheimer-Demenz. In den Zellkulturtests zeigten sich dabei vergleichbare Raten der Übertragbarkeit bei den fehlgefalteten Amyloid-Beta und Tau-Proteinen. „Zusammengenommen liefern diese Daten eindeutige Belege dafür, dass Down-Syndrom, Alzheimer und familiäres Alzheimer alle Amyloid-Beta- und Tau-Prionen produzieren, obwohl sie auf ganz verschiedene Ursachen zurückgehen“, konstatieren die Forschenden.

Erklärung für Demenzneigung bei Trisomie 21

Die Studie bestätigt außerdem eine gängige Hypothese darüber, wie Alzheimer im Gehirn entsteht. Demnach treten die fehlgefalteten Beta-Amyloide bereits früh im Krankheitsverlauf auf und initiieren dann die Bildung von fehlgefalteten Tau-Prionen. „In Übereinstimmung mit dieser Vorstellung fanden wir bei zwei den jüngsten Personen mit Down-Syndrom (19 und 25 Jahre alt) solide Mengen an Beta-Amyloid-Prionen, aber unbedeutende Mengen an Tau-Prionen“, berichten die Wissenschaftler.

Dass die Erkrankung von Amyloid-Prionen ausgeht, könnte erklären, warum ausgerechnet Menschen mit Down-Syndrom so oft eine Demenz entwickeln: Das Gen für Amyloid-Beta-Proteine liegt auf Chromosom 21, das Menschen mit Down-Syndrom in dreifacher Ausfertigung besitzen. Sie produzieren dadurch erheblich mehr Beta-Amyloid als neurotypische Menschen und haben dadurch ein höheres Risiko dafür, früh im Leben schädliche Proteinplaques zu entwickeln.

Womöglich eines Tages behandelbar

Indem Forschende anhand von Menschen mit Down-Syndrom mehr über den Alzheimer-Krankheitsverlauf herausfinden, kommt ihnen eines besonders zugute: Bei Trisomie 21 lassen sich schon in frühen Jahren erhöhte Prionen-Konzentrationen nachweisen. Bei Alzheimer-Erkrankten sei es sonst häufig schwierig, zu unterscheiden, welche Veränderungen im Gehirn auf das Alter und welche auf die Prionenaktivität zurückzuführen sind, so Condellos Kollege Stanley Prusiner.

Menschen mit Down-Syndrom könnten also dazu beitragen, mehr über die Entstehung von Alzheimer zu erfahren und dadurch womöglich ein Mittel zu finden, das den Ausbruch der Krankheit von vorneherein verhindern kann, so Condello. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2022, doi: 10.1073/pnas.2212954119

Quelle: University of California – San Francisco, Proceedings of the National Academy of Sciences

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