Forschende haben eine neue Methode vorgestellt, mit der Wirkstoffe gezielt an gewünschte Stellen im menschlichen Körper gebracht werden könnten. In der am Mittwoch in der Fachzeitschrift "Nature" erschienenen Studie beschreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Professor Feng Zhang vom Broad Institute in Cambridge eine leicht programmierbare "molekulare Spritze". Diese könne gezielt mit Biotherapeutika beladen werden, die dann am gewünschten Ort injiziert werden.
Vorbild der neuen Methode ist demnach ein natürlicher Mechanismus von zahlreichen Mikroorganismen – sogenannte "extracellular Contractile Injection Systems" (eCIS) –, die Proteine durch die Membran von Wirtszellen injizieren, um deren Stoffwechsel zu ihren Gunsten zu verändern. In den von den Forschenden veränderten Varianten des Mechanismus ist die "molekulare Spritze" mit verschiedenen therapeutischen Proteinen beladen und so verändert, dass sie Zellen von Menschen und Mäusen erkennt.
Mit der "molekularen Spritze" könnten in Zukunft andere Präzisionswerkzeuge aus der Gentherapie und dem Genome Editing, wie die Genschere Crispr-Cas oder deren Nachfolger, oder Wirkstoffe gezielt an erkrankten Geweben appliziert werden. Die Forschenden erhoffen sich von dem vielseitigen Werkzeugkasten, unter anderem die Therapie von Krebs und genetischen Krankheiten künftig effizienter und nebenwirkungsärmer zu gestalten.
Was kann die vorgestellte "molekulare Spritze" – und was nicht?
In der Studie zeigten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Labor, dass mit den "Nanomaschinen" prinzipiell menschliche Tumorzellen getötet werden können. Auch könne damit das Erbgut von menschlichen Zellen an vorab definierten Stellen genetisch verändert werden. Bei einem Versuch gelang ihnen das auch mit Nervenzellen im Gehirn von Mäusen. Kurze Zeit nach ihrem Einsatz würden die "Mikronadeln" im Zielgewebe biologisch abgebaut.
Bei der Studie handelt es sich um ein "Proof-of-Concept". Viele weitere Analysen sind notwendig, um die tatsächliche Wirkung des Verfahrens zu bestätigen und die Methode zur Anwendungsreife zu bringen. Trotz aller Vorläufigkeit sei das Potenzial der Methode "als neue Schlüsseltechnologie, nicht zuletzt für die Onkologie, keinesfalls zu unterschätzen – die Tür ist jetzt aufgestoßen!", sagte der Münchner Infektiologe Professor Clemens Wendtner über die Ergebnisse.
"Es handelt sich um einen Durchbruch für die Anlieferung von Proteinen in menschliche Zellen", sagte Professor Julian Grünewald, Assistant Professor für Gene Editing an der Technischen Universität München (TUM). Die Forschenden könnten die "Spritze" "elegant und effizient umprogrammieren, um an neue Ziele zu binden," und dadurch gezielt Proteine in bestimmte menschliche Zellen "hineinspritzen". Allerdings könne man damit bislang keine RNAs transportieren, was in der Gentherapie hilfreich wäre.
Biomedizin: Variable "Mikronadeln" könnten neue Therapien ermöglichen - Forschung & Lehre
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