Es ist schwer zu sagen, was faszinierender ist an dem neuen Tool, das Forscherinnen und Forscher an der Universität Florida (USF) entwickelt haben: dass man nur mit der Kraft der Gedanken malen und kreativ sein kann oder dass die Erfindung das Potenzial hat, eine neue Therapieform für ADHS zu werden. „Brain Painting lässt Leute ihre Gehirne auf eine Weise nutzen wie nie zuvor“, sagt Marvin Andujar, Assistenzprofessor an der Fakultät für Informatik und Ingenieurwesen der USF und Leiter des Forschungslabors für Neuro-Maschinen-Interaktion sowie des Projekts, in einem Video.
Man habe, so Andujar, Menschen mit ADHS das Programm testen lassen und positive Effekte festgestellt, gerade in Hinblick auf die Konzentrationsspanne. Letztere ist bei Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oft stark beeinträchtigt. Vor allem in der Kindheit und im Jugendalter diagnostiziert, wird die Störung häufig mit Medikamenten wie Ritalin oder in den USA mit Adderall behandelt. Beide Medikamente verursachen jedoch mitunter heftige Nebenwirkungen und stehen seit Jahren in der Kritik. Auch deswegen wäre ein Programm wie „Brain Painting“, das zumindest in der Testphase eine Besserung der Symptome ohne den Einsatz von Medikamenten verspricht, für Medizin und Psychotherapie interessant.
Wie funktioniert das Malen mit dem Gehirn?
Aber auch für Menschen, die nicht unter ADHS leiden, könne das Programm hilfreich sein, erklärt Andujar in dem Video: „Wir alle können durch Brain Painting konzentrierter und disziplinierter werden.“ Das neue Programm erfordere enorme Konzentration und volle Aufmerksamkeit. Aber wie funktioniert das Gehirnmalen? Man schnallt sich eine mit Sensoren bestückte Elektrodenkappe (im Wert von 20.000 US Dollar) um und setzt sich vor einen Computerbildschirm. Manchmal trägt die Person zusätzlich ein Oculus-Rift-Headset, um in der virtuellen Realität zu malen. Die Sensoren erkennen elektrische Signale im Gehirn, wenn eine Teilnehmerin auf eine bestimmte Option blickt, und ermöglichen es ihr schließlich, eine Leinwand mit ihrer Auswahl zu füllen. Auf dem Bildschirm werden dafür zahlreiche Farben, Formen und Steuerungsoptionen angezeigt.
Neben der therapeutischen Funktion hat Andujar ein weiteres Ziel mit „Brain Painting“: Nutzern soll es ermöglicht werden, ihre künstlerische Arbeit im Netz zu Geld zu machen – allerdings erst einmal zu nicht verwertbaren NFT-Münzen. Möglicherweise können aber schon in ein paar Jahren mit den Gedanken gemalte Bilder im Internet erstanden werden. In dem einen oder anderen Kind mit ADHS schlummert vielleicht bereits ein virtueller Picasso oder Monet.
Malen mit dem Hirn, statt mit den Händen: eine neue ADHS-Therapie? - Berliner Zeitung
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